Tag der Arbeit


Abb. xx Maiaufmarsch 1912, Wien

Hier erhalten Sie Zugang zu einer ausgewählten Reihe von historischen Filmausschnitten, die sich mit den Aktivitäten zum 1. Mai (Tag der Arbeit) beschäftigen. Da ein Teil der Filme bzw. Wochenschauberichte zum 1. Mai keinen Ton aufweist, wurde zum besseren Verständnis kurz der Hintergrund zusammengefasst.

Anhand dieser filmischen Quellen, die älteste ist aus dem Jahr 1912, lässt sich die Entwicklung der Feiern zum 1. Mai ebenso ablesen, wie die Instrumentalisierung dieses Tages durch das autoritäre Regime des Ständestaates bzw. nach 1938 durch die nationalsozialistischen Machthaber.


1. Mai 1912

Abb. xx Maiaufmarsch 1. Mai 1912 (Für Film auf das Bild klicken)

Kontext:

Trotz schlechten Wetters beteiligen sich unerwartet viele Wiener/innen am 32. Maiaufmarsch der Sozialistischen Partei. Grundtenor des Tages ist „das Bekenntnis zum Weltfrieden“ angesichts der drohenden Kriegsgefahr auf dem Balkan (Balkankrise 1912/13).

In der auf der Versammlung beschlossenen 1. Mai-Resolution protestiert die Arbeiter/innenschaft „gegen die internationale Kriegsrüstung und gegen den Krieg“. Gefordert werden außerdem „die Einführung des Achtstundentages“ und „das allgemeine Wahlrecht für alle Staatsbürger/innen ohne Unterschied des Geschlechts.“

AZ, Nr. 119, 2.5.1912, S. 1

dtv-Atlas zur Weltgeschichte, Band 2 (München 1990).


1. Mai 1922

Abb. xx Maiaufmarsch 1. Mai 1922 (Für Film auf das Bild klicken)

Kontext:

Die hohe Arbeitslosigkeit und große wirtschaftliche Not der Wiener Bevölkerung treiben tausende Demonstrierende am 1. Mai auf die Ringstraße und auf den Rathausplatz.

Sie protestieren gegen die bürgerliche Regierung Seipel, die versuchte, die Errungenschaften der Arbeiterklasse, beispielsweise den Achtstundentag, anzutasten. In seiner Festrede sieht Bürgermeister Neumann in diesem Massenaufmarsch den Beweis dafür „dass der Sozialismus nicht ein leerer Wahn ist, sondern dass er einen Inhalt hat und zum Ziel gelangen muss.“

(AZ, Nr. 119, 2.5.1922, S. 3.)


1. Mai 1927

Abb. xx Maiaufmarsch 1. Mai 1927 (Für Film auf das Bild klicken)

Kontext:

Der 1. Mai 1927 ist zugleich die Wahlsiegesfeier der Sozialistischen Partei, die am 24. April das beste Wahlergebnis der Ersten Republik hat erzielen können.250.000 Menschen sind auf den Straßen. Die dienstfreien Soldaten marschieren in Zivil mit General Körner an der Spitze. Nach ihnen die Sänger, begleitet von der Kapelle der Wehrmacht. Der Schutzbund, die Radfahrer und Turner nehmen Aufstellung am Rathausplatz, wo Karl Seitz und Otto Bauer die Festreden halten. „Heute feiert das rote Wien“, titelt die Arbeiterzeitung, doch mit keinem Wort werden die Spannungen zwischen Schutzbund und Heimwehrverbänden erwähnt, die bereits in einen latenten Bürgerkrieg ausgeartet sind.

AZ, Nr. 119, 1.5.19127, S. 1.

AZ, Nr. 120, 2.5.1927, S. 1-3.

Hugo Portisch: Österreich I. Abschied von Österreich (Wien 1998) Heyne Sachbuch Nr. 19/2


1. Mai 1930

Abb. xx Maiaufmarsch 1. Mai 1930 (Für Film auf das Bild klicken)

Kontext:

Die Maifeier von 1930 ist gekennzeichnet von Bürger/innenkrieg und Weltwirtschaftskrise: Hunderttausende sind arbeitslos, und mit Vaugoin - dem neuen Mann an der Spitze der Christlich-Sozialen - verschärft sich die Situation für den Schutzbund und die sozialistische Partei zunehmend. Als „Tag des Trotzes“ bezeichnet deshalb die Arbeiterzeitung diesen 1. Mai. Trotz Regenwetter folgen 400.000 ArbeiterInnen ihrem Aufruf, sich an den Maidemonstrationen zu beteiligen .„Wir lassen uns nicht beugen“, verkündet das Transparent der Eisenbahner der Westbahn als Warnung und Kampfansage an die christlich-soziale Regierung. Besonders hoch ist dieses Mal die Beteiligung der Jugendorganisationen. Sie fordern die „Trennung von Kirche und Staat“, die „Abschaffung des § 144“ (Entkriminalisierung von Abtreibungen) und eine Reform des Ehegesetzes.

AZ, Nr. 119, 1.5.1930, S. 1-3.

AZ, Nr. 120, 2.5.1930, S. 1-2.


1. Mai 1933

Abb. xx 1. Mai 1933 (Für Film auf das Bild klicken)

Kontext:

Nach dem Putsch am 7. März hat Bundeskanzler Engelbert Dollfuß die Regierungsmacht übernommen. Schritt für Schritt versucht er die Institutionen der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei auszuschalten. Dazu gehören das Verbot des Schutzbunds und die Zensur der Arbeiterzeitung. Auch die traditionellen Maiaufmärsche sind ab sofort untersagt. Früh in den Morgenstunden zum 1. Mai wird die gesamte Wiener Innenstadt durch Militär abgeriegelt, Stacheldrahtverhaue gezogen und Tafeln aufgestellt: „Bei Weitergehen wird scharf geschossen!“

O-TON („Weitergehen! Nicht stehenbleiben!“)

Die sozialdemokratische Parteizentrale will Konfrontationen vermeiden und hat schon eine Woche zuvor in der Arbeiterzeitung und auf Flugblättern zum ‘gemeinsamen Spaziergang’ aufgerufen. Auf den Flugblättern heißt es: „Am 1. Mai trifft sich das freiheitsliebende Volk von Wien zwischen 10 und 11 Uhr zu einem friedlichen Spaziergang auf der Ringsstraße.“ Und: „Demonstrationen kann man verbieten, Spaziergänge sind erlaubt.“ Der 1. Mai ist ein sonniger Tag, ideal zum Spazieren gehen. Tausende sind dem Aufruf der Partei gefolgt. Weil die Ringstraße aber gesperrt ist, können sie nur entlang der ‘Zweier-Linie’, parallel dazu, spazieren. Wenn sie stehen bleiben, werden sie sofort von der Polizei zum Weitergehen aufgefordert. Und die Demonstrierenden folgen. Es kommt zu keinerlei Zwischenfällen.

O-TON („Nicht stehenbleiben...“)

(AZ (Unter Vorzensur), Nr. 111, 23.4.1933.
AZ (Unter Vorzensur), Nr. 112, 24.4.1933.
AZ (Unter Vorzensur), Nr. 118, 30.4.1933.
AZ (Unter Vorzensur), Nr. 120, 2.5.1933.

Hugo Portisch: Österreich I. Abschied von Österreich (Wien 1998) Heyne Sachbuch Nr. 19/299. ).


1. Mai 1934

Abb. xx Maifeier geflüchteter Mitglieder des Republikanischen Schutzbundes in der Sowjetunion (Für Film auf das Bild klicken)

Kontext:

Den 1. Mai 1934 feiern einige 100 geflüchtete Schutzbundangehörige in der Sowjetunion. Nach der Niederlage im Februar ist die Regierung Dollfuss rigoros gegen sie vorgegangen. Die Sozialdemokratische Partei ist aufgelöst und das Rathaus besetzt worden. Sozialdemokratische Politiker - darunter auch Bürgermeister Seitz - und hunderte Mitglieder des Republikanischen Schutzbundes werden verhaftet und von Standgerichten verurteilt. Einigen Tausenden gelingt die Flucht in die Tschechoslowakei oder nach Spanien. Ein Kontingent von mehreren Hundert wird von der Sowjetunion aufgenommen. Am 1. Mai halten die in einem Landhaus untergebrachten Kinder der Schutzbundangehörigen eine Erste – Mai - Parade ab. Mit großem Jubel werden Neuankömmlinge in Empfang genommen. Moskau feierte zunächst die österreichischen Schutzbundangehörigen als „Kämpfer auf den Barrikaden von Wien“, später wurden viele von ihnen von Stalin in sibirische Lager verschleppt oder ermordet.

(Hugo Portisch: Österreich I. Abschied von Österreich (Wien 1998) Heyne Sachbuch Nr. 19/299. ).


1. Mai 1934 (2)

Abb. xx 1. Mai 1934 Weihefestspiel für Kinder im Wiener Stadion - Vorspann (Für Film auf das Foto klicken)

Abb. xx 1. Mai 1934 Weihefestspiel für Kinder im Wiener Stadion

Abb. xx 1. Mai 1934 Weihefestspiel für Kinder im Wiener Stadion - Abschlussrede BK Dollfuss

Kontext:

Ausgerechnet am 1. Mai wird von Dollfuß die neue ständische Verfassung verlesen und der Tag der Arbeit zum „Verfassungsfeiertag“ erklärt. Während die Anhänger der mittlerweile verbotenen sozialdemokratischen Partei heimlich eine Maifeier im Wienerwald abhalten, wird im Stadion mit großem Aufgebot ein „Weihfestspiel für Kinder“ inszeniert. Zunächst spricht Bürgermeister und Vizekanzler a. D. Richard Schmitz zu den Kindern.

O-TON

Blau-weiß gekleidete Herolde marschieren - begleitet von Fanfarenstößen der Bläser über das Feld, gefolgt vom Chronisten in Gelehrtentracht. Neben ihm 8 Diener, die das Buch der Geschichte tragen. Der Chronist symbolisiert das Geschichtsbewusstsein Österreichs und das Festhalten an Traditionen. Zum anderen ist er Symbol für eine neue Zeit, heißt es in der Neuen Freien Presse. Die Arbeiterzeitung bezeichnet diesen Umzug als einen Hohn auf die Ideale des 1. Mai als „Gschnasfestzug“ und „kitschige Kopie des Mittelalters“. Im Anschluss an Beethovens „Die Ehre Gottes“ betritt eine Tanzgruppe die Stadionbühne. In Biedermeierkostümen tanzen sie ein Menuett aus Mozarts „Don Juan“. Während des Tanzes erscheinen von den verschiedenen Toren her Biedermeiergruppen, die auf dem Rasen herum spazieren.

O-TON

50.000 Kinder bejubeln mit Fähnchen bestückt die Darbietungen. Wie echt dieser Jubel allerdings wirklich ist, ist nicht klar zu sagen, denn ihre Anwesenheit ist nicht unbedingt freiwillig. Ursprünglich haben die Schulleitungen zwar freigestellt, ob die Kinder die Veranstaltung besuchen oder nicht. Doch als die meisten vor allem aus den Arbeiterbezirken meldeten, dass ihre Eltern die Teilnahme verboten haben, wurde diese von der Schulleitung als verbindlich angeordnet und vorgeschrieben, wie viele Schulkinder aus jeder Klasse zu kommen haben. (Nach dem Abzug der historischen Gruppen nehmen Männer in Tracht am Platz Aufstellung. Begleitet von der Musikkapelle marschiert nun die Ehrenkompanie des Infanterieregiments Nr. 5 an der Ehrentribüne vorbei.) Stellvertretend für die 50.000 Schüler/innen wurden je ein Bub und ein Mädchen ausgewählt, zu den Kindern zu sprechen:

O-TON

Dann betritt Bundeskanzler Dollfuß das Rednerpult.

O-TON

Zum Abschluss wird die Bundeshymne mit dem Text von Ottokar Kernstock gesungen. OTon: „Vaterland, wie bist du herrlich, Gott mit dir, mein Österreich!“.

Dollfuß schließt seine Rede mit den Worten: O-TON: „Heil Österreich“.


1. Mai 1934 (3)

Abb. xxx 1. Mai 1934 Huldigungszug der Stände am Ring (Für Film auf das Bild klicken)

Kontext:

Unter dem Motto „Alt-Wien“ wird am 1. Mai 1934 ein „Huldigungszug der Stände“ inszeniert, als Symbol für „die Grundsteinlegung des neuen Staates“, wie es in der Neuen Freien Presse heißt. Einen Tag zuvor hat das Parlament zum ersten Mal ohne SozialdemokratInnen getagt. Eine neue, ständische Verfassung wurde beschlossen. Nicht mehr Parteien geben nun den Interessen des Volkes Ausdruck, sondern Berufsstände, wobei alle Gremien nur in beratender Funktion tätig sein dürfen.

Auf Blumen geschmückten Zunftwägen und begleitet von der Kapelle des Deutschmeister Infantrieregiments ziehen die Vertreter/innen in historischen Kostümen über den Ring am Rathaus vorbei, wo Bundeskanzler Dollfuss, Bundespräsident Miklas und Bürgermeister Schmitz von einer Ehrentribüne aus die Huldigungen entgegen nehmen. Laut Arbeiterzeitung ist die Teilnahme an diesem Umzug erzwungen worden. Wenn sich die Arbeiter/innen in den Betrieben nicht auf die TeilnehmerInnenliste eintragen wollten, wurde ihnen mit der Entlassung gedroht. „Es ist aus dem Tag des Triumphes des Proletariats der Tag des Triumphes über das Proletariat geworden“, schreibt die Arbeiterzeitung, die mittlerweile ein Mal wöchentlich in Brünn erscheint und illegal über die Grenze nach Österreich gebracht wird. Und weiters heißt es dort: „Sie sind die Sieger. Und wir sind besiegt."

 

(AZ, 1. Jg., Nr. 9, 22.4.1934, S. 1f.
AZ, 1. Jg., Nr. 10, 30.4.1934, S. 1f.
Neue Freie Presse, Nr. 25012, 2.5.1934, S. 4.


1. Mai 1939

Kontext:

Maibäume schmücken Wien.

Das gleichgeschaltete kleine Volksblatt (Wien), berichtet von der Rede des Führers anläßlich der Feier des "Nationalen Feiertages des Deutschen Volkes" in Berlin im Lustgarten unter dem Titel "Mitreißende Worte des Führers erhellen Sinn und Bedeutung der deutschen Maifeier". Hitler führt aus, dass dieser Tag schon früher ein Fest und ein Feiertag für das deutsche Volk gewesen sei, an dem alle Menschen teilnahmen und der mit dem Ende der langen Winterzeit zusammenhing. Erst "als ein Parasit in unser Volk eindrang und in ihm vorhandene und noch künstlich verstärkte Schwächen benutzte, um eine neue Lehre des Hasses und des inneren Kampfes zu konstruieren und ihr den 1. Mai als Festtag zu weihen. So wurde das Fest des Frühlings ein Tag des Kampfes, des Klassenkampfes!" Er legt die Tatsache, dass es in der Weimarer Republik nicht gelang den 1. Mai als nationalen Feiertag zu etablieren als Zeichen der Schwäche aus und betont, dass es die Nationalsozialisten waren, die ihn 1933 zum nationalen Feiertag machten.(1) "Wir taten es in der  Überzeugung, dass dieser Tag wieder zum Festtag des Frühlings werden muß, eines wirklichen deutschen Frühlings, zum Festtag der Schaffenden und damit der Festtag der deutschen Volksgemeinschaft. ....Über Haß und Zwietracht erhebt sich die neue deutsche Volksgemeinschaft! Was uns diesen 1. Mai besonders feiern läßt, ist das Bewußtsein, daß nunmehr seit einem Jahr wieder Millionen deutscher Volksgenossen zurückgekehrt sind. Es gibt kein schöneres Symbol für dieses Fest als den Baum den sie in unserer Mitte sehen, als diese gewaltige Tanne, die aus dem Sudetenland stammt."

Unter dem Titel Wien feierte den "Nationalen Feiertag des deutschen Volkes", berichtet das kleine Volksblatt auf S. 4, dass sich 60.000 Jugendliche zur Feier am Heldenplatz um den bunt geschmückten Maibaum  einfanden, 40.000 Angehörige von HJ und BDM sowie 20.000 Personen der Abordnungen der Gliederungen der Wiener Schulen. Vom Balkon der Hofburg erklangen Fanfarentöne. Um 9 Uhr erfolgte die Übertragung der Maikundgebung der Berliner Jugend im Olympiastadion, bei der Reichsminister Goebbels, Reichjugendführer Schirach und schließlich schließlich Hitler  das Wort ergriffen.

Die Hauptveranstaltung in Wien fand am Trabrennplatz statt, 200.000 Menschen fanden sich lt. kleinem Volksblatt ein. Hinter der Rednertribüne befand sich ein mächtiger Maibaum. Die Festrede hielt Gauleiter Bürckel. Anschließend erfolgte die Übertragung der Veranstaltung in Berlin im Lustgarten mit der Führerrede.

Der Nachmittag stand, laut kleiner Volkszeitung, unter der Devise "Freut Euch des Lebens" und dazu auf der Jesuitenwiese im Prater gab es Musik, Tanz und Artistisches, die Gastwirtschaften waren  voll und am Abend gab es beim Trabrennplatz ein Riesenfeuerwerk.

(Das kleine Volksblatt (2. Mai 1939). Nr. 119. S. 1-5. Zugriff 25. Mai 2021 https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=dkv&datum=19390502&seite=1&zoom=33 )


1. Mai 1943

Abb. xx 1. Mai 1943 Brauchtum -Maibaumkraxeln (Für Film auf das Bild klicken)

Kontext:

Auch im 4. Kriegsjahr wird der 1. Mai in Österreich als Feiertag begangen. Die eigentliche Idee des Ersten Mai als Kampf- und Feiertag der Internationalen Arbeiter/innenbewegung steht nicht mehr im Vordergrund. Entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie ist es vor allem das Festhalten an deutschem Brauchtum, das jetzt im Zentrum der Maifeiern steht. Das Aufstellen von Maibäumen, geschmückt mit Kränzen und Bändern ist in ganz Österreich schon lange verbreitet. Der erste Beleg eines Maibaumes stammt aus dem Jahr 1466. Im 17. Jahrhundert war er verboten, erst im 19. Jahrhundert kam er wieder in Mode. Um den Maibaum entwickelten sich verschiedenen Bräuche und Volksfeste wie zum Beispiel das Maibaumkraxeln. Der Maibaum galt im Mittelalter als Rechtssymbol, wandelte sich später zum Liebes- und Ehrenzeichen für Mädchen und wurde erst unter dem Nationalsozialismus zum Dorfsymbol. Vor allem in Kärnten gab und gibt es die Tradition des sogenannten Kranzlstechens, die sich aus den mittelalterlichen Ritterspielen ableitet. An einem Baum werden Kränze aufgehängt, und die Männer versuchen hoch zu Ross mit einem Degen diese aufzufangen. Der Sieger darf die Dame seines Herzens mit dem Kranzl ehren.

(aeiou

Völkischer Beobachter, Wiener Ausgabe, 2.5.1939, S. 2.)


1. Mai 1946

Kontext:

Blick über die Wiener Innenstadt am Morgen des 1. Mai 1946. Aus der Ferne sind die Bombenschäden an den Häusern zwar nicht sichtbar, aber die Wohnsituation und die Ernährungslage der Wiener Bevölkerung sind katastrophal. Viele leben auf engstem Raum und müssen Hunger leiden. Der Kaloriensatz für NormalverbraucherInnen ist abermals gesenkt worden und beträgt nur mehr 800 kcal/Tag. Zum ersten Mal seit 13 langen Jahren wird der Weltfeiertag der Arbeit wieder in Frieden gefeiert. „Fahnen heraus! Massen heraus! Morgen marschieren wir! Das arbeitende Wien feiert den 1. Mai mit der Sozialistischen Partei!“ So rief die Arbeiterzeitung schon am Vortag zur Beteiligung an den Maiaufmärschen auf. Und auch die Kommunistinnen/Kommunisten marschieren wieder. Ihre Bezirkszüge versammeln sich beim „Stalinplatz“ (Schwarzenbergplatz) und ziehen über die Ringsstraße zum Parlament, während die Sozialistinnen/Sozialisten traditionsgemäß zum buntgeschmückten Rathausplatz marschieren. Auf der Tribüne vor dem Rathaus stehen Bürgermeister Theodor Körner, Altbürgermeister Karl Seitz und Parteichef und Vizekanzler Adolf Schärf. Laut amerikanischer und englischer Nachrichtenagenturen sind 200.000 Sozialistinnen/Sozialisten und Kommunistinnen/Kommunisten auf den Beinen - trotz Hunger und schlechtem Schuhwerk. Besonders hoch ist diesmal auch die Beteiligung der Menschen aus den sogenannten Nobelbezirken. Seitz meint in seiner Festrede dazu: „Dieser Maitag erinnert mich an die glänzendsten, die wir je gehabt haben. Es ist ein Glück, dabei zu sein.“

An der Spitze des Zuges der Kommunistinnen/Kommunisten marschiert die Freie Österreichische Jugend. Bei den Sozialistinnen/Sozialisten sind die Straßenbahner/innen auf ihren geschmückten Fahrrädern besonders stark vertreten. Sowohl SPÖ als auch KPÖ fordern die „Demokratisierung des Staatsapparates“, „Entbürokratisierung“, die „endgültige Beseitigung des Faschismus“ und weiters „die Fünf-Tage- und 40 Stunden-Woche.“

Über drei Stunden dauert dieser Maiaufmarsch, der - laut Arbeiterzeitung - nach den langen Jahren der schwarzen und braunen Diktaturen auch eine „Wiederaufstehungsfeier der sozialistischen Arbeiterschaft“ ist. Zum ersten Mal gibt es auch eine Lautsprechereinrichtung, durch die die Reden vom Schottentor bis zum Volkstheater von allen gehört werden können.

(Arbeiterzeitung, 48. Jg., Nr. 101, 30.4.1946.
Arbeiterzeitung, 48. Jg., Nr. 102, 1.5.1946.
Arbeiterzeitung, 48. Jg., Nr. 103, 3.5.1946.
Österreichische Volksstimme, Nr. 101. 30.4.1946.
Österreichische Volksstimme, Nr. 103, 3.5.1946.
Walter Kleindel: Österreich. Daten zur Geschichte und Kultur (Wien 1995).)


1. Mai 1950

Kontext:

Maiaufmarsch der KPÖ: Schwarzenbergplatz - Ring. 1. Mai 1950 KPÖ (IANNIELLO, May Day/Klappe 1 und 2) 01:43

Als „Unsere größte Maidemonstration“ bezeichnet die Volksstimme den 60. Maiaufmarsch der Kommunistischen Partei. Zigtausende sammeln sich am Schwarzenbergplatz und ziehen mehr als drei Stunden lang über die Ringstraße zum Parlament, beidseitig umringt von einer dichten Mauer von Spalier Stehenden. An der Spitze des Zuges marschiert die Freie Österreichische Jugend in ihren blauen Blusen und weißen Hosen, gefolgt von den Kindern und den Bezirkszügen. Die Delegation aus Liesing und Atzgersdorf trägt ein Transparent mit der Aufschrift: „800 Millionen drehen die Welt nach vorwärts, dem Sozialismus und Frieden entgegen; wir drehen mit!“ Dahinter wird ein Globus aus blauen und weißen Blumen geschoben. Besonders stark ist heuer auch die Beteiligung der Betriebe: Straßenbahner/innen, Eisenbahner/innen, Feuerwehrleute, Postler/innen und Lehrer/innen marschieren für die Ideale der Kommunistischen Partei. Görz führt auf einem Fahrradgestell ein mächtiges, 16 Quadratmeter großes Bild von Stalin. Tenor der Forderungen ist auch dieses Jahr der Kampf für die Einheit der Arbeiter/innenschaft, die Solidarität mit der Sowjetunion und die Forderungen nach Frieden.

(Österreichische Volksstimme, Nr. 102, 3.5.1950.)

1. Mai 1950(2)

Kontext:

Maiaufmarsch der KPÖ:  Ring.

(Österreichische Volksstimme, Nr. 102, 3.5.1950.)

1. Mai 1950(3)

Abb. xx Maiaufmarsch SPÖ 1950 (Für Film auf das Bild klicken)

Kontext:

Maiaufmarsch der SPÖ vor der Oper:

Kontext:

Der 1. Mai 1950 ist ein wolkenloser, sonniger Frühlingstag. Über 50.000 Menschen beteiligen sich an dem Maiaufmarsch.

Grundtenor dieses 60. Jahrestages der Maiaufmärsche, ist die Forderung nach „Freiheit, Friede und sozialer Sicherheit“, „die Loslösung von beiden Blöcken“ und die „Absage an jede Diktatur“.

Wie jedes Jahr versammeln sich die Vertreter/innen der Kommunistischen Partei am Schwarzenbergplatz. Von dort marschieren sie über den Ring mit riesigen Stalintransparenten, die ihre Solidarität mit der Sowjetunion bekunden. „Weg mit den Agenten und Spionen!“ fordern sie.

Für die Sozialistische Partei ist es der erste Maiaufmarsch ohne Karl Seitz, der im Februar zuvor verstorben ist. Auf der Ehrentribüne des Wiener Rathauses stehen Parteiobmann Vizekanzler Schärf und der Wiener Obmann Stadtrat Jonas. An ihnen ziehen vom Ring kommend, in Zwanzigerreihen länger als drei Stunden lang die Bezirkszüge mit Sprechchören, „Freundschaft!“-Rufen und Marschmusik vorbei. Viele Transparente fordern den Abzug der Alliierten: „Gebt Österreich frei!“, „Befreier, befreit uns von euch!“, „Wir zahlen die Erbsen – her mit dem Staatsvertrag!“, „Räumt Österreich, aber räumt es nicht aus“.

(Arbeiterzeitung, Nr. 102, 3.5.1950, S. 1-2)