Geschichte der Fernsehfunknachrichten


4. Die Fernsehnachrichten

Abb. 65 Fernseher (FE VI) in Betrieb, zu sehen das Pausenbild, der Reichsrundfunk Fernsehsender Berlin, Paul Nipkow

4.1 TV-Anfänge

Der "Vater des Fernsehens" war der deutsche Ingenieur Paul Nipkow (1860-1940). Er hat bereits 1884 mit seiner nach ihm benannten "Nipkowscheibe" die Voraussetzungen für eine mechanische Bildzerlegung und Bildübertragung geschaffen und damit die Grundidee des Fernsehens entdeckt. Vorerst konnte man aber wenig mit dieser Erfindung anfangen. Es dauerte noch bis 1928, als das Fernsehen zur Funkausstellung in Berlin seine Premiere feiern konnte.

1930 machte Manfred von Ardenne (1907-1997) die Braun'sche Röhre für das Fernsehen brauchbar. Damit konnte die Zahl der Bildzeilen gesteigert werden. Der erste regelmäßige Fernsehprogrammbetrieb der Welt wurde am 22. März 1935 in Berlin aufgenommen. Das Fernsehen lag in den Händen der Reichs-Rundfunkgesellschaft (RRG), die dem Propagandaministerium unter Joseph Goebbels unterstellt war. Das Fernsehprogramm konnte nur auf wenigen Einzelgeräten, über die Techniker und Funktionäre der Reichspost, Mitglieder der Regierung und der NSDAP verfügten, und in 14 öffentlichen "Empfangsstellen" gesehen werden.

 

4.1.1 Fernsehübertragungen bei den Olympischen Sommerspielen 1936 in Berlin

Abb. 68 Fernsehen im Lazarett (1942)

Abb. 69 Logo Deutscher Fernseh-Rundfunk

(auf das Bild klicken Youtube)

 

 

In das Bewusstsein der Öffentlichkeit trat das Fernsehen während der Olympischen Spiele von Berlin im Sommer 1936. Rund 100.000 - 150.000 Menschen sahen die Übertragungen in sogenannten Fernsehstuben, in denen man in Berlin und Leipzig das neue Medium betrachten konnte, denn ein Fernsehgerät konnte sich kaum jemand leisten. 30 Personen fanden in den Stuben Platz, während der Spiele wurden Interessenten für eine kurze Zeit in die Stuben geschleust, damit sie einen kleinen Ausschnitt der Spiele live verfolgen konnten

Die Nationalsozialisten sahen in dem neuen Medium ein ideales Mittel für Propaganda und die Ãœbertragung der Spiele für bis zu acht Stunden war dafür besonders geeignet und diente auch dem Zweck das internationale Publikums der Spiele  mit den Leistungen des Deutschen Reichs zu beeindrucken. Für 1939 war die Aufnahme der Massenproduktion eines erschwinglichen Fernsehgeräts geplant. Der Start des WK II stoppte den Plan, da die Produktionsstätten und Rohstoffe für die Rüstung benötigt wurden.

Der tägliche Programmbetrieb des Deutschen Fernseh-Rundfunks startete 1937 und währte bis 1944. Der Neustart des Fernsehens in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR erfolgte 1952.(2)

Das Programm wies bereits Elemente des aktuellen Fernsehens, wie Nachrichten,  Dokumentationen, Musik- und Unterhaltungs- sowie Ratgebersendungen, das Fernsehspiel, Sportübertragungen, dazu noch Spielfilmausschnitte, Wochenschauen und Dokumentarfilme auf.

Die wenigen vorhandenen Empfänger wurden ab 1941 in Lazaretten rund um Berlin für die verwundeten Soldaten bereitgestellt.

 

4.2 Die Anfänge des österreichischen Fernsehens 1955 - 1957

4.2.1 Versuchsfernsehen

Abb. 70 vor dem Fernseher

Erst rund 20 Jahre nach dem Start des Fernsehens im Deutschen Reich, nahm im Mai 1955 der erste Fernsehsender Österreichs seinen Versuchsbetrieb auf. Eine der ersten Sendungen war die Übertragung der Unterzeichnung des Staatsvertrages aus dem Wiener Belvedere am 15. Mai 1955.

Ab dem 1. August 1955 wurde drei Mal pro Woche je rund 30 Minuten lang ausgestrahlt. Weil die Mehrheit der Österreicher/innen noch keinen Fernseher besaß, wurde jeweils am späten Nachmittag zwischen 17 und 18 Uhr gesendet, um den Passantinnen/Passanten auf dem Heimweg von der Arbeit das Fernsehprogramm in den Schaufenstern der Radiogeschäfte zugänglich zu machen. Allerdings war diese Idee nicht besonders erfolgreich, weil die Bildqualität von den Geschäften nicht ausreichend kontrolliert wurde und zudem die Lautsprecher, die außen angebracht waren, oft nicht funktionierten.

Damals waren österreichweit 516 Fernsehapparate registriert, für dem Empfang benötigte man eine Antenne am Hausdach. Zum Vergleich: weltweit gab es bereits 530 Fernsehsender, 420 davon allein in den USA und 80 in Europa. In den USA gab es bereits 35 Millionen Fernsehteilnehmer/innen, in England schon über vier Millionen.

 

4.3  Österreichischer Rundfunk

Abb. 71 Ãœbertragungswagen

Nach den erfolgreichen Ergebnissen des Probebetriebs, nahm am 1. Jänner 1957 die Österreichische Rundfunk GmbH ihren regelmäßigen Fernsehbetrieb auf (6 Tage/Woche). Der Österreichische Rundfunk (ORF) wurde damit zu einem Bimedium, das sich aus Hörfunk und Fernsehen zusammensetzt.

Zum ersten Mal wurde um 19.30 Uhr die "Zeit im Bild" ausgestrahlt, die sehr schnell zu einem der beliebtesten Programme des österreichischen Fernsehens wurde. 1959 hatte der Fernsehsender ganze 28  reguläre Fernsehteilnehmer/innen und es stieg die Zahl zwar sukzessive an, doch wurde der Fernseher erst Mitte der 1960er Jahre vom Luxus- zum Gebrauchsgegenstand. Bis dahin war Fernsehen im Gast- oder Kaffeehaus charakteristisch und bedeutete für Viele ein kommunikatives Gemeinschaftserlebnis. Im Jahr 1969 wurde ein Farbversuchsprogramm in FS 1 durchgeführt und das zweite TV-Programm (FS 2) täglich ausgestrahlt.

Abb. 72 Fernseh Dachantenne

4.3.1 Wesentliche Abschnitte der Entwicklung

1957-1964

Die Österreichische Rundfunkgesellschaft

1964

Rundfunkvolksbegehren

1966

Rundfunkgesetz 1966

1967

Gründung  Österreichischen Rundfunk (ORF)

1974

Rundfunkgesetz

1994

Dualer Rundfunk

2001

Neues ORF-Gesetz

 

 

4.3.2 Proporz

Abb. 73 Proporz

Wie der Hörffunk stand auch das österreichische Fernsehen total im Zeichen des Proporzes der großen Koalition.(3)

Im Zeitraum vom September bis November 1959 wurde eine Analyse der "Zeit im Bild" erstellt, die ergab, dass von 115 Stories nur ganze 17 politisch ausgeglichen waren. Die partei-unabhängige Presse und einige Zeitschriften leiteten daraufhin Maßnahmen ein, die 1964 zum Rundfunkvolksbegehren führten.

 

 

4.3.3 Rundfunkvolksbegehren 1964

Abb. 74 Volksbegehren

Hugo Portisch, zu jener Zeit Chefredakteur der damals größten österreichischen Tageszeitung, des Kurier, startete auf eigene Faust eine Unterschriftenaktion. Diese Aktion strebte die für ein Volksbegehren damals notwendigen 200.000 Unterschriften an. Auch andere Blätter (Kleine Zeitung; Wochenpresse; Salzburger Nachrichten; Die Presse; Zukunft) erklärten sich sofort bereit, die Unterschriftenaktion zu unterstützen. Es wurden 370.000 Unterschriften gesammelt. Von Regierungsseite zeigte man sich grundsätzlich bemüht und entgegenkommend.

"Aber im Inneren waren alle Parteien dagegen, weil sie um ihren Einfluss gefürchtet haben." (Kurt Tozzer, Interview am 19.9.2000/Wien zit. in: Hanreich 2001:63)

SPÖ und ÖVP setzten ein sogenanntes Rundfunkkomitee ein, das binnen eines Jahres - bis zum 30. Juni 1964 - Lösungsvorschläge für eine Rundfunkreform ausarbeiten sollte. Aber das Komitee das bis Ablauf der Frist tagte, konnte sich nicht einigen.

Das Eintragungsverfahren für das erste Volksbegehren der Zweiten Republik wurde auf die Woche vom 5. Oktober bis zum 12. Oktober festgelegt. Das Ergebnis war enorm: 832.353 gültige Unterschriften wurden gezählt.

 

4.3.4 Die Umsetzung des Rundfunkvolksbegehrens

Abb. 75 ORF Logo

Als es 1966 zur Parlamentsauflösung kam und das Kabinett Klaus zurücktrat, verfielen automatisch alle Initiativen und mussten neu eingebracht werden. Im Wahlkampf war die Parole der ÖVP, dass sie im Falle einer Mehrheit das Volksbegehren umsetzen würde. Diese Mehrheit bekam sie auch (1966-1970, ÖVP-Alleinregierung unter BK Klaus), weshalb sie gezwungen war, ihr Versprechen einzuhalten, allerdings nicht ohne den Text des Volksbegehrens bezüglich der Besetzung der zuständigen Gremien zu ihren Gunsten zu verändern. Am 8. Juli 1966 wurde schließlich das Österreichische Rundfunkgesetz im Nationalrat beschlossen, das am 1. Jänner 1967 in Kraft trat. Durch das Rundfunkgesetz wurde der ORF eine der wenigen europäischen Rundfunkanstalten mit voller Programm-, Personal- und Finanzautonomie (Monopolrundfunk).

Seither gibt es eine gesetzlich festgelegte Richtlinien für eine parteiunabhängige und objektive Berichterstattung:

"Die Gesellschaft hat zu sorgen für...die objektive Information der Allgemeinheit in Form von Nachrichten, Reportagen, Kommentaren und Stellungnahmen und sachlicher Kritik am öffentlichen Leben, unter Berücksichtigung wichtiger Aussagen der öffentlichen Meinung..." (Rundfunkgesetz vom 8.7.1966, BGBI. Nr. 195/1966)

Eine wesentliche Neuerung des Organisationsstruktur des Österreichischen Rundfunks war das Intendanturprinzip. Die Wahl fiel auf Gerd Bacher, mit dem das Zeitalter eines zumindest im Vergleich zu früheren Zeiten "objektiven" ORF begann, obwohl Teile des Proporzes wieder eingeführt wurden und bis heute - auch bei den Personalbesetzungen - zu finden sind.

 

4.4 Die Organisation des ORF

4.4.1. Die Organisation des ORF im Gefolge des Rundfunkgesetzes

Abb. 76 Organisation

Als Folge des Rundfunkgesetzes am 1.1.1967 gibt es gesetzlich festgelegte Richtlinien für eine parteiunabhängige und objektive Berichterstattung.(4)

Zur Verwirklichung des Zieles, standen im technischen Bereich drei Hörfunk- und zwei Fernsehprogramme zur Verfügung. Belangsendungen der politischen Parteien und der Interessensverbände wurden mit maximal 1 Prozent des jeweiligen Programms festgesetzt.

 

 

4.4.2  ORF- Organisation nach 1966

 

Abb. 77 Aufsichtsrat mit Vorsitzendem

Drastisch hat sich auch die Zusammensetzung des Aufsichtsrates verändert. Bislang ein reines Abbild des Proporzes, rückten nun vor allem die Interessen der Bundesländer stärker in den Vordergrund. Im 22köpfigen Aufsichtsrat saßen:

  • 9 Mitglieder als Bundesländer-Vertreter/innen
  • 6 Mitglieder als Vertreter des Bundes nach dem Kräfteverhältnis im Nationalrat
  • 5 Mitglieder, die kein politisches Mandat innehaben dürfen; sie vertraten die Bereiche der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften, der Wissenschaft, der Kunst, der Volksbildung und des Sports
  • 2 Mitglieder als Vertreter/innen des Betriebsrates

 

4.4.3 ORF - Organisation nach 2001

Abb.78 ORF Publikumsrat

Mit dem Rundfunkgesetz von 2001 erfolgte die Umwandlung des ORF in eine Stiftung öffentlichen Rechts.

Dier/Der für fünf Jahre gewählte Generaldirektor/in leitet das Unternehmen. Ab 1. Jänner 2002 war mit Monika Lindner zum ersten Mal eine Frau Generaldirektorin des ORF. Seit 2007 übt Alexander Wrabetz dieses Amt aus

.

Der Stiftungsrat, der eine dem Aufsichtsrat bzw. der Hauptversammlung in Kapitalgesellschaften ähnliche Rolle spielt, bestellt die/den Generaldirektor/in und auf deren/dessen Vorschlag Direktorinnen/Direktoren und Landesdirektorinnen/ Landesdiektoren, genehmigt Budgets und Rechnungsabschlüsse, bestellt die Prüfungskommission. Die Funktionsperiode der 35 Mitglieder beträgt 4 Jahre.

Der Publikumsrat, der die frühere Hörer- und Sehervertretung(5) abgelöst hat, soll die Interessen der Hörer/innen und Seher/inen vertreten. Die Funktionsperiode der 35 Mitglieder beträgt 4 Jahre.

 

4.5 Duales Fernsehen

Abb. 79 Logos von der RAVAG zum ORF

1993 endete die monopolistische Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, statt dessen gab es nun ein duales Rundfunksystem in welchem neben dem öffentlich-rechtlichen auch private Rundfunkanbieter/innen auftraten. Für den Fernsehbereich dauerte diese Umstellung aber etwas länger.

Erst im Juli 2001 wurde durch das Privatfernsehgesetz die rechtliche Basis für die Ausstrahlung eines privaten, analogen, terrestrischen nicht nur über Kabel sondern auch über Hausantennen zu empfangendes Fernsehen, geschaffen.

Abb. 80 Logo atv +

Die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vergab 2002 die erste bundesweite analoge terrestrische Zulassung an atv, die nach Bestätigung durch den Bundeskommunikationssenat (BKS) im April 2003 wirksam wurde. Am 1. Juni 2003 nahm atv (damals noch atv plus) den terrestrischen Betrieb auf. Ca. 6 Mill. Menschen konnten damit erreicht werden.

 

4.5.1 Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ORF)

Abb. 81 Logo ORF neu

Der öffentlich- rechtliche Rundfunk ist ein gesellschaftlich verantworteter Integrationsrundfunk, der sich u.a. über Gebühren finanziert. Er ist für die Allgemeinheit geschaffen und hat einen Programmauftrag, der gesetzlich verankert ist im Rundfunkgesetz und ORF-interne Richtlinien(6). Demnach hat der ORF eine "öffentliche Aufgabe" zu erfüllen und zwar unter Bedachtnahme auf Objektivität, Ausgewogenheit und Unparteilichkeit der Berichterstattung. Zur Kontrolle gibt es verschiedene "Kontrollorgane"(7) wie den Stiftungs- und Publikumsrat. 

 

4.5.2 Private Sender

Abb. 83 TV-Konsum

Privatsender sind primär am Markt orientiert, also an den Bedürfnissen der Konsumentinnen/Konsumenten. Die Finanzierung erfolgt durch den Verkauf von Werbezeit an die Werbewirtschaft.

Die privaten TV-Anstalten setzen sich meist aus mehreren Gesellschaften von unterschiedlicher Rechtsform zusammen(8) und sind der Allgemeinheit nicht verpflichtet. Sie können sich ihr Zielpublikum selber aussuchen. Es gibt auch keine gesellschaftliche Kontrollfunktion. Kommerzielle Informations-Sendungen sind mehr am Sensationswert als an politisch-gesellschaftlicher Relevanz interessiert.

 

4.5.3  Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern

Abb. 84 Unterschiede

Zwischen öffentlich-rechtlichen (ORF) und privaten Rundfunkanstalten gibt es wesentliche Unterschiede, da ihre unternehmenspolitischen Zielsetzungen verschieden sind. Die unterschiedlichen Finanzierungsformen haben großen Einfluss auf die marketingpolitischen Handlungsmöglichkeiten, auf die Programmstruktur und die inhaltlichen Schwerpunkte.

Für Nachrichtensendungen von öffentlich-rechtlichen Anstalten steht im Vergleich zu den Privatsendern eine längere Sendezeit zur Verfügung.

 

4.5.4 Konvergenz

Abb. 85 Zuschauer

Die Unterschiede zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten TV-Anstalten verwischen aber immer mehr. Je gleichförmiger sich die Zuschauer/innenmarktanteile auf die großen öffentlich-rechtlichen und privaten Sender verteilen, desto stärker wird der Konkurrenzdruck. Tendenziell sinken derzeit die Zuschauer/innenzahlen der öffentlich-rechtlichen Hauptnachrichtensendungen, während die der privaten steigen.

Im Nachrichtenbereich bauen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mehr "Showelemente" ein, während die privaten Sender ihre Nachrichten den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten angleichen. Bei den Informationssendungen zu den wahlwerbenden Parteien bzw. den Konfrontationen der Spitzenkandidatinnen/Sptzenkandidaten in bei den Wahlen 2019 bzw. 2020 konnten die privaten Sendeanstalten qualitativ durchaus mithalten.

 

4.5.5 Aktuelle Situation

Abb. 86 Wettbewerb um Werbeeinnahmen

Die Konkurrenzsituation zwischen dem öffentlich-rechtlichen und dem privaten Fernsehen führt zum Wettbewerb um Einschaltquoten und damit um Werbeeinnahmen.

  • Die privaten Sender kritisieren deshalb, unterstützt von einzelnen politischen Parteien, dass der ORF, trotz Gebührenmonopols, auch am Werbungsmarkt als Konkurrent auftritt.
  •  

  • Mit publikumswirksamen Doku-Soap-Sendungen(9) und Real-Life- Formaten bzw. Event- und Entertainmentprogrammen wird versucht, Quoten und Einnahmen zu steigern.
  •  

  • Mit technischen Innovationen, wie digitalem Fernsehen(10), Video on demand(11), Interaktivität sowie die Einbeziehung des Internets wird eine neue Ebene des Wettbewerbs eröffnet.

 

4.5.5.1 Die Privatsender

Abb. 87 Interaktives Portal

m März 2009 startete ATV sein neues interaktives Portal. Es bedient die drei Elemente Fernsehen, Video und Community. Puzzleartig sind die einzelen Angebote auf der jeweiligen Seite verteilt. Durch Anklicken werden sie aktiviert und über einen Screen abrufbar. die Bannerwerbung bringt dem Sender zusätzliche Einnahmen.

Mit dem Button Fernsehen können Informationen über das Programm, Moderator/innen und Eigenproduktionen abgerufen werden. Die/Der User/in kann über Aktionsbuttons Videos favorisieren, kommentieren, einen HTML Code beziehen und damit dieses Video in seinen Blog oder Webseite einbauen. Ebenso ist es möglich via mail Dritte auf eine Sendung aufmerksam zu machen (tell a friend), sich mitttels RSS Infos auf den PC zu laden oder Videos zu "melden".

Die zweite Ebene Video bietet den Userinnen/Usern die Möglichkeit eigene Videos hochzuladen. Im März 2009 lädt ein Casting Wettbewerb "ATV und TV- Media machen Dich zum TV Star" zum Video upload ein. Die oben genannten Aktionsbuttons stehen auch in diesem Feature zur Verfügung.

Der dritte Schwerpunkt des Portals ist die Communty. Dort kann zu den Mitgliedern, die auch auf einer Landkarte von Österreich eingetragen sind, Konakt aufgenommen werden bzw. locken Gewinnspiele.

 

4.5.5.2 Der öffentlich-rechtliche Sender (ORF)

Abb. 92 trimedial

Der ORF bietet entsprechend seinem gesetzlichen Auftrag durch die Ergänzung seiner Programme durch eine Plattform ein trimediales Angebot.

Die zwei TV-Programme werden durch zwei Spartenkanäle ORF III (Kultur und Information) und ORF SPORT+ ergänzt. Darüber hinaus ist der ORF seit 1984 gemeinsam mit ZDF und SRG am deutschsprachigen TV-Kultursender 3sat beteiligt.

Die Hörfunksparte des ORF umfasst fünf überregionale Sender, die auf jeweils ein spezielles Publikum zielen und entsprechend dem föderalistischen Prinzip, neun Bundesländerregionalradios.

Die dritte Säule im medialen Angebot ist ORF.at mit News und programmbegleitenden Informationen.

Die jüngste Entwicklung zielt in Richtung digitales bzw. interaktives Fernsehen, einerseits via Satellit und anderseits hat der ORF seit 26.10.2006 mit der Umstellung auf digitales Antennen Fernsehen begonnen. Dieser Prozess ist inzwischen abgeschlossen. 2016 erfolgte die  komplette Abschaltung der Ausstrahlung analoger Programme seitens der Fernsehkanäle, damit ist das Zeitalter des Digitalfernsehens eingeläutet worden.(12)

 

4.6 Zeit im Bild (ZiB)

4.6.1 Die Anfänge der Nachrichtensendung

Abb. 93 Fernsehsprecherin Franziska Kalmar

Die Berichterstattung des aktuellen Zeitgeschehens war anfangs schwierig. Es gab nur das "Bild des Tages", das aus einem oder einigen wenigen Pressefotos bestand und zu dem von Ernst Kovar ein kurzes, zumeist improvisiertes Kommentar gesprochen wurde.

Im zweiten Monat des Versuchsbetriebes wurde zusätzlich einmal pro Woche der "Zeitspiegel" - quasi eine Art Fernsehwochenschau - ins Programm genommen. Ende September 1955 wagte man es dann, dem "Bild des Tages" gelegentlich auch 16mm-Filme einzugliedern. Ab Oktober gab es dann auch die ersten Studiointerviews.

Zwischen 23. November und 5. Dezember 1955 wurde dann zum ersten Mal der Titel "Zeit im Bild" für eine Nachrichtensendung verwendet.(13)

Erst ab 1. Jänner 1957 gab es Zeit im Bild sechsmal die Woche. Der Name war nicht neu, „Zeit im Bild“ war bereits Titel einer seit 1902 erschienen Zeitschrift im Deutschen Reich(14), die Bilder und Korrespondentenberichte beinhaltete. (Freund 2014) Nach dem Zweiten Weltkrieg erschien 1946 die Zeitschrift „Zeit im Bild“ in Dresden im Sachsenverlag, die sich der durch die SED begründete gleichnamige Verlag 1952 aneignete. Thaddäus Podgorski, Schaupieler, Mitarbeiter beim Sender Rot Weiß Rot und ab 1955 für das österreichische Fernsehen tätig, übernahm nach seinen Angaben diesen Titel von dieser Zeitschrift als Provisorium, bis etwas Besseres gefunden würde. (Wikipedia 2015; „Die Presse“ 2015, 29. Jänner) Eugen Freund vertritt hingegen die Meinung, dass Thaddäus Podgorski eher die Zeitschrift aus dem Deutschen Kaiserreich gekannt habe. (Freund 2014)

Untergebracht war das Fernsehen 1955 in Behelfsstudios in Meidling in der ehemaligen Schule Singrienergasse 19–21, 1120 Wien, später in Gebäuden im Schönbrunner Botanischen Garten an der Maxingstraße und ab 1961 befand sich das TV-Studio in der Innenstadt im Ronacher. (Wien Geschichte Wiki 2014)

 

 

4. 6.2   Zeit im Bild

Abb. 94 Signet Zeit im Bild (auf Bild klicken für Youtube)

Nachdem die Versuchsendungen des Österreichischen Rundfunks seit August erfolgreich waren, Österreich war damit das neunte Land in Europa, das Fernsehprogramme ausstrahlte.

Die Sendung "Zeit im Bild" wurde systematisch zum ersten Mal am 1.1.1957 mit Wort- und Filmbeiträgen ausgestrahlt. Die Sendezeit betrug 30 Minuten. Vorbild waren die BBC-Nachrichten "Nine O’Clock News". Die Zeit im Bild der 1950/60er Jahre war eine Sprecher/innensendung.

 

4.6.3 Das Format Zeit im Bild

Abb. 95 Franziska Kalmar, Versuchssendung 1. August 1955

Die Nachrichtensprecher/innen füllten den Bildschirm völlig oder beinahe zur Gänze aus. Es gab keine Variation in der Bildeinstellung. Diese Anordnung trug dazu bei, sie zu Garantinnen/Garanten der Objektivität des Verlesenen zu machen. Auch wenn sie während der Bild- oder Filmeinblendungen verschwanden, blieben sie Angelpunkt der Sendung. Die Sprecher/innen lesen einen vorgefertigten Text ab, d. h. sie leihen dem Text ihre Stimme, stellen ihm aber nicht ihre Persönlichkeit zur Verfügung. Die Sprecher/innen verblieben in der Anonymität und sind nicht wirklich verantwortlich zu machen für das Gesagte. Hinter ihnen können sich die eigentlichen Textproduzentinnen/-produzenten verbergen.

Neben der "Zeit im Bild" gab es noch eine zweite Informationssendung, nämlich die Kurznachrichten zu Sendeschluss, die zwischen 5 und 10 Minuten dauerte.

Abb. 96 Alphons Dalma

Abb. 97 Hugo Portisch als Korrespondent in Prag (16. Juli 1968)

An Textsorten kamen neben der Sprecher/innenmeldung der Nachrichtenfilm, der Korrespondentinnen-/Korrespondentenbericht, die Reportage und das Statement, in selteneren Fällen auch das Interview zur Anwendung. (Edel 2004e)

Ab 24. April 1967 gab es für die Nachrichtensendungen nach dem Vorbild der BBC eine gemeinsame Chefredaktion für Hörfunk und Fernsehen unter der Leitung von Alfons Dalma. Bis 1958 wurden die Sendungen live produziert, erste Aufzeichnungen gab es ab 1958 und ein frühes Magnetaufzeichnungssystem stand ab 1961 zur Verfügung.

 

4.6.3.1 Korrespondentinnen/Korerspon- dentenbericht

Der Korrespondentinnen-/Korrespondentenbericht ist ein inhaltlich und zeitlich umfassender Bericht, der auch noch andere Elemente wie Interviews, Statements oder Publikumsbefragungen enthalten kann und bei dem die Autorin/der Autor durch Insert und/oder persönliches Auftreten im Gegensatz zur Praxis der Sprecher/innensendung gezeigt wird. Zu den Medienformaten, die in diesem Dossier eine Rolle spielen, gehören die Korrespondentinnen-/Korrespondentenberichte von Hugo Portisch aus Prag für die „Zeit im Bild“ des ORF. Diese Berichte von jeweils ca. fünf Minuten wurden an öffentlichen Plätzen in Prag gedreht. Hugo Portisch spricht frei vor laufender Kamera. Die fertigen Filme wurden in Dosen verpackt, mit dem Taxi zum Flughafen gebracht und mit der nächsten AUA-Maschine nach Wien befördert. In Schwechat wartete schon ein Taxi für den Transport in das Studio im Ronacher.(15) Das ORF-Informationsmaterial über die Ereignisse in der ČSSR wurde von allen bedeutenden Rundfunkanstalten der freien Welt als Grundlage ihrer Berichterstattung übernommen.

 

4.6.4 Die Reform 1975

Abb. 98 Annmarie Berté

Ab dem 3. Februar 1975 wurde die Nachrichtensendung im 1. Programm um 19.30 Uhr in "Zeit im Bild 1" umbenannt und durch eine "Zeit im Bild 2" im 2. Programm ergänzt.

Die "Zeit im Bild 2" hatte wechselnde Beginn- und Endzeiten, wurde also dem umliegenden Programm angepasst. In ihrem Mittelpunkt standen die Moderatorinnen/Moderatoren, die durch ein vielfältiges Nachrichtenprogramm führten. Ihre Aufgabe bestand darin, die Zuseher/innen gedanklich zu einem Thema hinzuleiten, die Bereitschaft zur Aufmerksamkeit immer neu zu wecken, ohne aber wesentliche Vorgaben zu machen. Die Moderatorinnen/Moderatoren tragen für ihr Handeln – im Unterschied zu den Sprecher/innen – weitgehendst selbst die Verantwortung.

Moderatorinnen/Moderatoren beim Start der neuen "Zeit im Bild 2"-Sendungen waren Annemarie Berté, Gerd Prechtl und Günther Ziesel. Robert Hochner kam – damals noch als Redakteur - 1975/76 zum "Zeit im Bild 2"-Team.

 

 

 

4.6.4.1 Technische Innovation

Abb. 99 Blue Screen Verfahren

Zur zusätzlichen Illustration wurde in beiden Sendungen ab 1975 das Blue-Screen-Verfahren eingeführt. Bei dieser Technikn werden künstliche Hintergründe in Aufnahmestudios geschaffen, wobei ein Bildgeber ein Bild auf eine blaue Spezialleinwand projiziert, die es auftreffend in die elektronische Kamera zurückwirft. Es ermöglicht, hinter den Sprecherinnen/Sprechern jeweils eine zur Meldung passende Illustration als optische Stütze einzublenden.

Zur zusätzlichen Illustration wurde in beiden Sendungen ab 1975 das Blue-Screen-Verfahren eingeführt. Bei diesem Verfahren werden künstliche Hintergründe in Aufnahmestudios geschaffen, wobei ein Bildgeber ein Bild auf eine blaue Spezialleinwand projiziert, die es auftreffend in die elektronische Kamera zurückwirft. Es ermöglicht, hinter den Sprecherinnen/Sprechern jeweils eine zur Meldung passende Illustration als optische Stütze einzublenden. Sie erlaubt auch technische Tricks, wie den abgebildeten "Fliegenden Teppich".

Hatten bisher die Sprecher/innen das Bild beherrscht, so rückten diese jetzt in die rechte untere Ecke des Bildes. Durch die Hintergrund-Illustration kann die Bildschirmfläche mit zusätzlichen Informationen angefüllt werden, die zu Sprecher/in und Text korrespondieren.

 

4.6.4.2 ZiB1

Abb. 100 ZiB1

Die "Zeit im Bild 1" wurde weiterhin im konventionellen Stil als Sprecher/innensendung geführt. Sie begann mit Schlagzeilen. Dann wurden jeweils ausführlicher die Innen- und anschließend die Außenpolitik behandelt. Die Sendung endete mit Kultur und Wetter.

Die Materialbasis für die Zeit im Bild bildeten damals wie heute:

  • Wortagenturen (Austria Presse Agentur, Associated Press, deutsche Associated Press mbH, Reuters, Agence France Press)
  • Filmagenturen (UPI – Television News Film, etc.)
  • Eurovision
  • Intervision
  • Außenbüros und Auslandskorrespondentin- nen/-korresponenten
  • Informationen von diversen Informantinnen /Informantenaus öffentlichen Ämtern und Behörden, aus dem Parlament, aus den Ministerien, aber auch von Vertreterinnen/Vertretern der privaten Wirtschaft und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens

 

4.6.4.3 ZiB2

Abb. 101 ZiB2

Mit der "Zeit im Bild 2" wurde eine neue Form der Informationsendung versucht. Sie war von Anfang an nicht als Ergänzungsprogramm zu "Zeit im Bild 1", sondern als "Newsshow" und "Studiosendung" konzipiert. Der Kerngedanke war Information mit Unterhaltung (infotainment) zu vermischen. Schon Jahre zuvor war in den USA diese Idee einer Nachrichtensendung mit Showelementen aufgegriffen worden.

Eine Besonderheit der Sendung war, dass in ihr nicht alle Elemente der Informationsberichterstattung - wie Innen-/Außenpolitik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Sport – enthalten sein mussten. Statt vieler kurzer Informationseinheiten wurde eine längere und gründlichere Hintergrundberichterstattung angestrebt. Es gab einen Meldungsüberblick, über ein "Thema des Tages" wurde dann ausführlicher (bis zu 11 Minuten lange Beiträge) berichtet.

Aufbau der ZiB 2

Der normale Aufbau der ZiB 2 war:

  • Filmvorspann
  • wichtigstes Thema des Tages
  • Nachrichtenblock
  • Stories mit viel human-touch

sowie fallweise

  • Studiogespräche
  • Studioaktionen

 

4.6.5 Die Reform 1979

4.6.5.1 "Zehn vor Zehn" – eine Journalsendung

Abb.102 Es ist Zeit "Zehn vor Zehn" einzuschalten!

Ab 22. Oktober 1979 gab es die "Zeit im Bild 1" täglich in beiden Programmen. Die "Zeit im Bild 2" wurde ersetzt durch die Sendung "Zehn vor Zehn", die von 21.50 bis 22.20 Uhr dauerte. Gleichzeitig änderte sich der Sendungscharakter: Die Studiosendung wurde nun eine Journalsendung, also eine konventionelle Spätabend-Informationssendung mit Hintergrundcharakter. Neben den aktuellen Meldungen sollen den Zuschauerinnen/Zuschauern vor allem erläuternde und informierende Hintergrundbeiträge geboten werden (mehr Raum für Filmberichte, Live-Interviews im Studio oder durch Schaltgespräche). Es gab keine Studioaktionen mehr. Eine wichtige Rolle spielen hier die Moderatorinnen/Moderatoren.

Die "Zehn vor Zehn" – Moderatorinnen/Moderatoren waren unter anderem: Robert Hochner, Alfred Stamm, Hans Paul Strobl und Dieter Seefranz.

 

4.6.5.2 Die Journalsendung

 

Abb. 103 verständnisfördernde Fragen

In der Journalsendung steht die/der Moderator/in im Mittelpunkt. Neben der bloßen Berichterstattung bemühen sie sich durch verständnisfördernde bzw. verständnissichernde Fragen, denen eventuell sogar bewertende Funktion zukommt, eine thematische Vertiefung zu erreichen. Inhaltlich konzentriert sich die Journalsendung auf den Hintergrund der Ereignisse, es werden mehr journalistische Textsorten eingesetzt, insbesondere das Interview oder das Schaltgespräch.

 

4.6.6 Die Reform 1984

 

Abb. 104 Newsroom

Kern der Reform war die Einrichtung eines "Newsroom." Darüber hinaus wurde ab 26. März 1984 "Zehn vor Zehn" wieder in "Zeit im Bild 2" umbenannt und erhielt in FS 2 einen neuen Sendeplatz (montags bis freitags um 21.15 Uhr). Gleichzeitig kam es zugunsten einer erweiterten Kulturberichterstattung ("Kulturjournal") zu einer Kürzung der Nachrichtensendung um 10 Minuten, die damit nur mehr 20 Minuten dauerte.

Zur gleichen Zeit erfolgte die Berufung von Robert Hochner zum Sendungschef. Neue Moderatoren waren Josef Broukal und Eugen Freund.

Aufgabe der "Zeit im Bild 2" war es vor allem, jene Neuigkeiten zu bringen, die in der "Zeit im Bild 1" nicht mehr berücksichtigt werden konnten.

Ab 28. September 1987 wurde die Beginnzeit der "Zeit im Bild 2" auf 22.00 Uhr verlegt.

 

4.6.6.1 Der Newsroom

 

Abb. 105 ORF Newsroom "ZIB1"

Seit 1984 bildet der 24-Stunden-Newsroom das Herz des ORF, womit die ORF-Nachrichten nach CNN-Vorbild zu "Breaking News" ausgebaut wurden. Im Newsroom sind alle an der Produktion von Nachrichten tätigen Personen in einem Raum (Redakteurinnen/Reakteure, Bild-/Tonregie, Kameras, Moderatorinnen-/Moderatorenplätze). Dies ermöglicht eine bessere interne Kommunikation und mehr Flexibilität bei Live-Sendungen.

Dem weltweit festzustellenden Trend entsprechend, fand die Rolle der Sprecher/innen, welche die von den Redakteurinnen/Redakteuren vorbereiteten Texte vorlasen, ein Ende.

Weil der alte Newsroom ursprünglich für die Ausstrahlung von täglich zwei ZiB-Sendungen konzipiert und deren Zahl mittlerweile auf sieben ZiB-Sendungen pro Tag angewachsen war, wurde am 2. Mai 2002 ein neuer Newsroom in Betrieb genommen. Seither ist es logistisch und technisch möglich z.B. im Fall von erhöhter Ereignisdichte rund um die Uhr zu senden (z.B.: Terroranschlag am 11. September 2001 mit 43 Stunden ununterbrochener Live-Berichterstattung). Allein 2001 zeigte der ORF mehr als 120 "ZiB"-Sondersendungen.

Inzwischen wird seit August 2019 auf dem Küniglberg ein ORF-Mediencampus realisiert, der neben Bauten für Ö1 und Ö3-Hitradio einen neuen multimedialen Newsroom umfassen wird.

 

4.6.7 Die Reform von 1990

 

Abb. 106 Signet ZiB3

1990 wurde ein neues "Zeit im Bild 2"- Konzept entworfen. Die Sendung sollte eine ausgewogene Mischung aus News-Berichterstattung, Hintergrundinformation und unterhaltenden Elementen sein. Besonderen Stellenwert sollten Live-Elemente bekommen. Der Studiocharakter wurde wieder eines der wesentlichen Gestaltungsmerkmale.

Eine Veränderung erfuhr die Organisationsstruktur der "Zeit im Bild"-Ausgaben. Bisher waren die "Zeit im Bild"-Redaktionen zusammengelegt gewesen, jetzt gab es für jede Sendung einen stellvertretenden Chefredakteur.

Mit 1. Jänner 1991, kam es zur Umbenennung von "Zeit im Bild 1" und "Zeit im Bild 2" in in "Zeit im Bild, Ausgabe 19.30" und "Zeit im Bild, Ausgabe 22.00". Damit sollte verdeutlicht werden, dass es zwischen den Sendungen keine Bevorzugung oder Benachteiligung durch Wertungen wie eben "1" und "2" mehr gab.

1998 wurde eine dritte ZiB-Redaktion eingerichtet. Die Ausstrahlung der "Zeit im Bild 3" erfolgte täglich um Mitternacht.

 

4.6.8 ZiB 2000 - 2007

 

Abb. 107 Sparkurs

Die "Zeit im Bild 1" wird täglich von rund 2,5 Mio. Menschen gesehen. Präsentiert wurde sie von einander wöchentlich abwechselnden Moderator/innenpaaren. Ab 14. Oktober 2002 griff die "ZiB 1" auf das Prinzip der Einzelmoderation zurück. Als Präsentatoren fungierten abwechselnd Danielle Spera, Gerald Gross und Stefan Gehrer.

Einen besonderen Schwerpunkt innerhalb der ZiB 1 bot der Kulturteil, der ebenfalls abwechselnd von jeweils einer Moderatorin präsentiert wurde. Im Sendungsrahmen enthalten waren auch das Wetter und der Sport.

In der "Zeit im Bild 1" - Redaktion arbeiteten im Jahr 2000 25 RedakteurInnen, davon 18 Männer und 7 Frauen; es gab 23 Auslandskorrespondentinnen/-korrespondenten, davon 15 Männer und 8 Frauen. (Stand: Mai 2000).

 

4.6.8.1 Sparkurs 2004

 

Weil der ORF im Jahr 2002 ein Minus von € 42,5 Mio. erwirtschaftete, wurden Sparmaßnahmen angesetzt. Ab dem 1.4.2004 kam es zu einer Erhöhung der Rundfunkgebühren, Zeit im Bild um 12 Uhr fiel dem Rechenstift zum Opfer und ZiB 1 sowie ZiB 3 mussten mit weniger Korrespondentinnen-/Korrrespondetenberichten auskommen.

 

4.6.9 Reform 2007

Mit der Wahl von Dr. Alexander Wrabetz zum neuen Generaldirektor kam es zu Ausbau und Erneuerung der Information im ORF.

  • Die ZiB Sendungen auf ORF 2 um 9.00, 13.00 und 17.00 erhielten ein neues Design. Zur Primetime erfolgte eine Trennung der Nachrichtensendungen von ORF 1 und ORF 2.
  •  

  • Die ZIB um 19.30 auf ORF 2 wurde relaunched und Danielle Spera und Tarek Leitner bzw. Ingrid Turnher und Gerald Gross moderieren jeweils die Sendung.
  •  

  • Auch die ZIB 2 um 22.00 Uhr, die von Armin Wolf und Marie-Claire Zimmermann gestaltet wird, erhielt ein neues Erscheinungsbild.
  •  

  • Auf ORF 1 gibt es drei neue Nachrichtenformate. Um 20 Uhr die ZIB 20, wo in sechs bis acht Minuten eine kompakte Tageszusammenfassung mit den wichtigsten Nachrichten aus Politik, Wirtschaft, Chronik, Kultur und Sport für die Zielgruppe 12 bis 49 geboten wird. Daran schließt ein einminütiger Wetterbericht. Als Präsentatoren fungieren Lisa Gadenstätter und Roman Rafreider.
  •  

  • Statt der ZIB 3 strahlt ORF 1 von Montag bis Freitag um Mitternacht die ZIB 24 aus. Außer einer Zusammenfassung des Weltgeschehens gibt es in der Sendung ein Studiogespräch (Gast oder Streitgespräch mit mehreren Gästen) zu einem tagesaktuellen Thema sowie einen Serviceteil zu Themen (Kino, Computer, IT, Handy, Computergames, Lifestyle, Mode, Musik), die auf das jüngere, internetgeprägte Publikum zugeschnitten sind. Moderiert werden die Nachrichten von Roman Rafreider und Lou Lorenz.
  •  

  • In drei Minuten bietet ZIB Flash um ca. 16.00, 18.00 und 21.00 einen Ãœberblick der wichtigsten Ereignisse, einschließlich einem kurzen Wetterbericht. Die Präsentation erfolgt durch Matthias Euba, Tiba Marchetti bzw. Christiane Wassertheurer.
  •  

 

4.6.10 Veränderungen bis 2020

ZIB Sendeschema 2020

ZiB Sendeschema 2020
Sendung Sendezeit Dauer
min.
Sender Anmerkungen
ZIB 7.00/8.00 Mo-Fr, 7.00 u.8.00 ca. 8  ORF 2
um 8.00 auch von 3sat übernommen
im Rahmen von "Guten Morgen Österreich"
ZIB 7.30/8.30 Mo-Fr, 7.30 u.8.30 ca. 3 ORF 2
um 8.30 auch von 3sat übernommen
im Rahmen von "Guten Morgen Österreich"
ZIB 9.00 Mo-So, 9.00 5 - 8 ORF 2
wird auch von 3sat übernommen
ZIB 11.00 So, 11.00 ca. 4 ORF 2 vor der Pressestunde bzw. dem Europajournal
ZIB 13.00 Mo-So, 13.00 10-15 ORF 2
wird auch von 3sat übernommen
Börsenkurse präsentiert
ZIB 17.00 Mo-So, 17.00 5 - 7 ORF 2 wird von einem ZIB1 Moderator moderiert
ZIB 18.00 Mo-Fr, 18.00 8 ORF 1
ZIB 1 Mo-So, 19.30 15-20 ORF 1 u. ORF 2 Doppelmoderation, wird auf ORF 2 Europe u. in der TVThek in Gebärdensprache ausgstrahlt
ZIB 2 Mo-Fr, 22.00 25 ORF 2
wird auch von 3sat übernommen
bei besonderen Ereignissen, Verlängerung möglich
ZIB 2 am Sonntag So, 21.50 20 ORF 2 vor "Im Zentrum"
ZIB 2 Spezial Sa, So und Feiertage
bei besonderen Ereignissen
ca. 35 ORF 2 bei besonderen, relevanten Ereignissen (z.B. Wahlsonntag)
Spät-ZIB Sa und Feiertage 21.45 5 ORF 2 wird von einem ZIB1 Moderator moderiert
ZIB Nacht Mo-Fr. zw. 22.30 und 0.00 8 ORF 1
ZIB flash Mo-So zw. 15.00 und 0.00 3 ORF 1 drei Ausgaben: meist zwischen 15.30–16.30, 17.30–18.30 und 21.30–22.30 Uhr, v. a. samstags auch später
ZIB 100 Mo-Fr, zw. 17.00 und 17.30 100sek ORF III Hochformat vollständig
untertitelt
ZIB Spezial bei besonderen akuellen Anlässen  (zB. 2.11.2020 Terroranschlag in Wien) unbegrenzt meist ORF 2
ZIB 2 History anläßlich von Jahrestagen besonderer historischer Ereignisse ca. 25-40 ORF 2 seit 27. Juni 2014: unregelmäßige Termine, aber immer im Anschluss an die ZIB 2 (Dokumentation, kein Nachrichtenformat)

Abb. 113 Sendeschema 2020

Abb. 114 ZIB 1- 2021

Abb. 115 Logo news orf.at

Abb. 116 Button Infopoint. Coronavirus. Österreich impft. (Bei Klick auf das Bild öffnet sich die Seite)

Ein Blick auf das Sendeschema der ORF-Nachrichtensendungen von 2020 zeigt, dass seit 2007 die Zahl der Sendungen ausgeweitet wurde. Einige erhielten einen neuen Sendeplatz/-termin zugewiesen und/oder erfuhren eine Änderung des Titels. 2020 kam es zu einer Rücknahme der Entscheidung von 2007 die ZIB 1 nur mehr auf ORF 2 zu senden, seitdem ist sie wieder in beiden Knälen zu sehen.

Im Zuge eines Relauches ab 2015 erfolgte eine Veränderung des Farbdesigns und durch den Einbau einer 3600 Videowand kann nun der bisher geteilte Studioraum als Ganzes medial für ZiB Sendungen genutzt werden.

 

4.6.10.1 Veränderungen als Folge der Pandemie von Covid 19

Als Reaktion auf die Pandemie wurde, um mehr Platz für vermehrte Information zu gewinnen, ab Mitte März 2020 die Sendezeit der ZIB 1 verlängert und gleichzeitig um mehr Menschen zu erreichen die Sendung auch auf ORF 1 phasenweise auch auf ORF Sport+ bzw. ORF III durchegschaltet. Außerdem wurde beginnend mit dem partiellen Lockdown für Schulen, auf ORF 1 von 18. März bis 3. Juli 2020 von Montag bis Freitag dreimal täglich zwischen 9 und 12:15 Uhr eine dreiminütige für Schulkinder adaptierte „ZIB Zack“gesendet, die im Rahmen des Kinder- und Jugendprogramms „ORF1-Freistunde“ lief. Ein jeweils wechselndes Moderator/innenteam begab sich in der ersten Lockdownperiode 2020 für eine Woche innerhalb des ORF-Zentrums freiwillig in die Isolation. (Wikipedia 2021)

Im Sinne der Trimedialität spielt auch das Portal des ORF in Zeiten der Pandemie eine wichtige Rolle. Dabei liegt jeweils einerseits ein Schwerpunkt auf österreichischen und andererseits auf internationalen Meldungen und Beiträgen. Zusätzlich gibt es einen auffällig seitlich in Schräglage applizierten Button "Infopoint. Coronavirus. Österreich impft". Bei Betätigigung öffnet sich eine neue Seite auf der täglich aktualisierte Daten (Fälle, 7-Tage Inzidenz, Verstorbene) lokal, national, international ebenso Grafiken und Karten geboten werden. Ebenso gibt es Informationen zu den Impfungen, den Impfstoffen , den vorgesehenen Impfplänen. Ebenso werden eine Reihe von Serviceleistungen und -Einrichtungen geboten und Hinweise und Links  für auf fremdsprachliche Informationen angeboten.

 

4.7 Frauen und Nachrichten

4.7.1 Der Frauenanteil in der Nachrichtenmedienproduktion

Abb. 117 Gleichbehandlung

Film und Fernsehen sind immer auch ein Spiegel der Gesellschaft. Insofern wird auch in den Medien Diskriminierung von Frauen sichtbar.

Anfang der 1980er Jahre war rund jede/r fünfte Journalist/in eine Frau. Mitte der 1980er Jahre jede/r vierte. Im Jahr 2000 betrug der Anteil weiblicher Medienmitarbeiterinen auch nur 28 Prozent (vgl. Aichberger 2001, S. 36.). Im ORF stand 2001 - 2007 Monika Lindner als Generaldirektorin an der Spitze des Unternehmens und seit 2007 wirkt Sissy Mayerhoffer als kaufmännische Direktorin und bei den Printmedien gibt es mehr Ressortchefinnen als früher, aber immer noch gilt die Regel, je höher die Ränge, desto niedriger der Frauenanteil.

Vor allem in Führungspositionen und in traditionell "männlichen" Ressorts (1999 - Außenpolitik/Wirtschaft: 26 % und Innenpolitik: 33% Frauenanteil, vgl. Aichberger 2001, S. 31.) sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Frauen arbeiten hauptsächlich im "sekundären Arbeitsmarktsegment", also in den weniger macht- und prestigeträchtigen Ressorts. Sie verdienen weniger, sind weniger oft fix angestellt und haben geringere Aufstiegschancen.

2007 hat der ORF Gleichstellung als eines seiner Ziele verankert und eine Gleichbehandlungsbeautragte sowie eine -kommission für deren Durchsetzung installiert.

 

4.7.2 Frauen in Nachrichtenmedien

Abb. 118 Der Weg in die Medien versperrt

Frauen kommen als Handlungsträgerinnen in den Meldungen der Nachrichten viel seltener vor als Männer: weltweit handeln nur 12 % aller Nachrichten von Frauen oder erwähnen sie. Am häufigsten kommen Frauen als Opfer von Verbrechen vor und in zweiter Linie als Stars (vgl. Aichberger (2001) S. 33.).

Vor allem aus den Hauptteilen politischer Nachrichtensendungen werden Frauen und ihre Anliegen ausgeschlossen. "Frauenspezifische Themen" (Emanzipation, Kinder, Ausbildung, Soziales, Lebenshilfe, Haushalt) machen laut einer Studie zum ‘Bild der Frau im österreichischen Fernsehen’ nur drei Prozent der Berichterstattung aus. Kommen Frauen vor, dann vorwiegend als Alltagspersonen (25%). Als Expertinnen sind Frauen in den Nachrichten kaum zu finden (10%). Dieses Resultat widerspricht dem Programmauftrag des ORF nach ausgewogener und objektiver Berichterstattung (§4 Pkt. 11).

 

 

4.7.3 Frauen als Sprecherinnen, Moderatorinnen

Abb. 119 Moderatorin

Es ist noch nicht so lange her, dass Frauen im Hörfunk und im Fernsehen sogar das Sprechen von Nachrichten untersagt war, weil ihre Stimme als zu hoch und zu wenig autoritätsgebietend empfunden wurde.

Die erste weibliche Sprecherin war Annemarie Berthé (gest. 1995), die bereits in den 1960er Jahren die Zeit im Bild moderierte. Sie blieb aber lange Zeit eine Ausnahme. In Deutschland gab es beispielsweise erst 1971 eine Sprecherin (ZDF). Diesbezügliche Ausnahmeerscheinungen waren auch Ingrid Wendl, die 1972 die erste Sportberichterstatterin im deutschen Sprachraum wurde, sowie Trautl Brandstaller (Leiterin des Magazins Prisma) und Ursula Stenzel, die ab 1980 politische Sendungen moderierte. Während Frauen bei der Gestaltung von Nachrichten nach wie vor enorm unterrepräsentiert sind, gibt es heute bei den ModeratorInnen vergleichsweise viele Frauen, vor allem bei privaten Sendern. Diese Frauen sind nicht nur klug und eloquent, sondern auch jung und schön. Werden sie älter, verschwinden sie - im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen – oft von der Bildfläche.

 

4.7.4  Gründe für die Diskriminierung

Abb. 120 Wer profitiert von dieser Darstellung?

Grundsätzlich sind Frauen im Fernsehen heute zwar präsenter als vor 30 Jahren, bei genauem Hinsehen trifft das allerdings nur für bestimmte Bereiche und Funktionen zu.

Die Diskriminierung von Frauen in den Medien ergibt sich nicht aus einer offen sexistischen Berichterstattung, sondern eher latent durch die einfache Nichtbeachtung von Frauen und ihrer gesellschaftlichen Leistungen. Einerseits besteht die Diskriminierung aus der kritiklosen Übernahme und Forcierung des kolportierten Frauenbildes, das Frauen auf Kinder, Familie und Figur reduziert. Andererseits sind die Ursachen dafür in der Struktur der Berichterstattung zu finden.

 

4.7.5  Methoden der Diskriminierung

Abb. 121 reine Männersache!!!

Abb. 122 weibliche Führungskräfte, nur für soft news geeignet?

Die Differenzierung der (Nachrichten-)Welt in einen "politischen" (hard news) und "unpolitischen" (soft news) Teil zementiert die herrschende gesellschaftliche Praxis, wonach Frauen und ihre Anliegen als "privat" definiert und aus dem öffentlich-politischen Diskurs ausgegrenzt werden.

Die Dichotomisierung zwischen "privat-weiblich" und "öffentlich-männlich" hat sich seit 1984 im ORF noch verstärkt. Seither ist der ORF in Form von zwei Zuständigkeitsbereichen organisiert (sog. "Funktionslösung" im Gegensatz zur vormaligen organisatorischen Trennung nach den Kanälen FS 1 und FS 2): es gibt seither die "Informationsintendanz" und die "Programmintendanz". Erstere umfasst die Hauptabteilungen Aktueller Dienst, alle Service-Sendungen, Sport, Dokumentationen, sowie Wissenschaft und Bild - also traditionell aktuelle, politiknahe, id est "männliche" Bereiche.

Zur Programmintendanz zählen hingegen all jene Ressorts, die traditionell als "nicht-aktuell", "politikfern", id est "weiblich" bezeichnet werden: Kultur, Gesellschaft, Jugend und Familie, Unterhaltung, Musik, Fernsehspiel und Theater, Film und Serie und Religion.

Im Informationsbereich sind nur 24,5% weibliche Redakteurinnen beschäftigt, im Programmbereich sind es 43,7%. Immer noch gibt es das Vorurteil, wonach Frauen für "hard news" nichts taugen, weil sie angeblich zu wenig sachlich und zu emotional seien.

 

dgpb © Klaus Edel

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