Geschichte der Kino Wochenschau
3. Die Kino Wochenschau
3. Die Kino Wochenschau
Kino-Wochenschauen waren die Vorläuferinnen der Fernsehnachrichten. Sie hatten chronikartigen Dokumentar- und Nachrichtencharakter und boten eine Mischung aus Politik, Sport und Kultur.
Die Anfänge liegen in der Frühzeit des Films:
- 1895: schufen die Brüder Auguste (1862-1954) und Louis Jean Lumiére (1864-1948) mit der Reportage "Arbeiter verlassen die Fabrik" den ersten Dokumentarfilm.
- Zum ersten Mal führten sie einem zahlenden Publikum im Indischen Salon des Grand-Café auf dem Boulevard des Capucines in Paris öffentlich ihre mit dem "Cinématographe" gemachten Aufnahmen vor.
- 1896: reisten bereits die ersten FilmberichterstatterInnen in ferne Länder, um die Ereignisse dort zu filmen und davon zu berichten.
3. 1 Vorformen österreichischer Wochenschauen
- 1906/07 war der angebliche Beginn der Kinoberichterstattung in Österreich. Der Fotograf Anton Kolm soll Pferderennen, das Ringelspiel im Prater und Badeszenen am Gänsehäufel gefilmt haben. Allerdings sind keine Filmdokumente davon erhalten.
- 1914: Im September filmten die Kameramänner Raimund Czerny und Heinrich Findeis (Begründer der Wiener Kunstfilmindustrie) direkt am Kriegsschauplatz im Krieg gegen Serbien. Zu sehen waren diese Aufnahmen in den österreichischen Kinos in der Wochenschau "Kriegsjournal I". Ihr folgten die "Sascha-Meßter-Woche" (1914) und von 1931-1933 die "internationale Wochenschau".
3. 2 Österreichische Wochenschau
1933-1938: gab es die austrofaschistische Wochenschau "Österreich in Bild und Ton, österreichische Wochenschau". Diese war weniger ein Nachrichtenmedium, sondern vor allem ein Propagandainstrument. Verbunden mit ihr war das Ziel, das ständestaatlich-katholische austrofaschistische System zu propagieren und die österreichische Identität zu stärken, um damit dem "Anschluss" an das Deutsche Reich entgegenzuwirken. Seit 1933 waren aufgrund einer Regierungsverordnung alle österreichischen Tonkinos zum Bezug und zur Vorführung dieser Wochenschau verpflichtet.
Zu diesem Zweck kam es ab 1936 in Österreich zur Errichtung von eigenen Wochenschau-Kinos als Non-Stop-Kinos in Wien sowie in Linz, Salzburg und Innsbruck.
Zur Blütezeit des Kinos gab es solche Institutionen in nahezu allen Großstädten; in Wien waren dies das "Ohne-Pause-Kino" am Graben, das "Non-Stop-Kino" auf der Mariahilferstraße oder das "Welt im Film" auf der Landstraßer Hauptstraße. Dort konnte man die neuesten Ausgaben der Wochenschau zusammen mit einem Kurz- und Werbefilmprogramm - so quasi in einer Endlosschleife präsentiert - sehen.
Am längsten hielt sich das in den 50er Jahren erbaute Kino am Grazer Hauptbahnhof, das im September 2010 endgültig seine Pforten schließen musste.(1)
3. 3 Ostmark Wochenschau
Nach dem "Anschluss"(2) 1938 bemächtigten sich die Nationalsozialisten der Ständestaatwochenschau. Die Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H. produzierte mit ausgetauschtem Kontrollorgan und teilweise neuen Mitarbeitern unter der neuen Bezeichnung "Ostmark Wochenschau" im Sinne der Nationalsozialisten bis November 1938.
Die Tätigkeit umfasste einerseits die Darstellung der Ereignisse vom März 1938, die laufende Produktion neuer Folgen sowie die Zensur und Bearbeitung der zwischen Oktober 1937 und dem März 1938 erzeugten Wochenschauen von "Österreich in Bild und Ton". Diese Arbeit war aus der Sicht der neuen Machthaber notwendig, damit nicht wegen der geringen Zahl von Wochenschaukopien, in den Nachspielkinos kleiner Gemeinden noch bis zu einem halben Jahr die Propaganda des Ständestaats weiterlaufen würde.
Im November 1938 stellte die Selenophon ihre Produktion ein, nachdem sie zuvor Rechte, Patente und Betriebsstätten an die Tobis Tonbild Syndikat A.G. Berlin bzw. die Tobis-Sascha Filmindustrie A.G. hatte abtreten müssen. Die Ostmark Wochenschauen liefen noch bis Mai 1939 in den österreichischen Kinos.
3. 4 Deutsche Wochenschau
1939-1945: Ab 7. September 1939 erschien im gesamten Deutschen Reich nur noch die UFA-Tonwoche, die ab Mitte Juni 1940 "Deutsche Wochenschau" hieß und sich nach den Anweisungen der Reichsfilmstelle zu richten hatte. Gefordert wurde der größte Propagandaeffekt. Zu sehen gab es überwiegend Aufmärsche, Parteiveranstaltungen und Übungen der Wehrmacht. Die Auslandsberichterstattung beschränkte sich vor allem auf "befreundete Staaten". Wöchentlich wurden etwa 2000 aktuelle Kopien für den Kinoeinsatz über das Reich verteilt.
Ab 1940 verlagerte sich die Berichterstattung zunehmend aus den Bereichen Politik, Sport, Wissenschaft und Sensationen auf die Kriegsschauplätze, wobei die eigentliche Lage an der Front nicht sichtbar gemacht wurde. Auch schwere Niederlagen verband man propagandistisch mit Durchhalteparolen und berichtete über Heldentaten und deren Ehrungen.
3. 5 Alliierte Wochenschauen
1946-1949: Nach Kriegsende waren die österreichischen Wochenschauen dann von den Besatzungsmächten beeinflusst. Ein Mal pro Woche gab es die "Welt im Film" (Alliierte Wochenschau), die von den Engländerinnen/Engländern und Amerikanerinnen/Amerikanern produziert wurde.
Die Wochenschau der Alliierten war eine der vielen Erscheinungsformen politischer Propagandaarbeit. Diese war geprägt vom zunehmenden Konflikt zwischen Ost und West, den die westlichen Alliierten auch auf propagandistischer Ebene gewannen. In Österreich setzte sich klar und sehr bald eine Westorientierung durch.
3. 6 Austria Wochenschau
Am 11. November 1949 wurde die "Austria Wochenschau GesmbH" gegründet (heute Austria Film und Video). Sie produzierte die "Austria Wochenschau", "Weltjournal" und monatlich "Hallo Kino" für die österreichischen Kinos sowie Dokumentar- und Informationsfilme über populäre Themen, wie zum Beispiel "Die Spanische Reitschule in Wien", für ausländische TV-Stationen. Jahresvideos der Austria Wochenschau (1953-70) sind über das Filmarchiv Austria zu beziehen. Weitere Informationen zur Austria Wochenschau finden Sie auf der Seite des Demokratiezentums.
Als fester Bestandteil nahezu aller Kinovorstellungen, prägte die Austria Wochenschau, mehr als jedes andere Medium, bis zu ihrer Ablöse durch das Fernsehen das "Weltbild" der ZuschauerInnen. Genauso erzeugten die nach den Vorstellungen der beiden Koaltionsparteien vermittelten Bilder und Werte der Republik eine neue österreichische Identität.
3.6.1 Weitere Wochenschauen
Neben der Austria Wochenschau liefen in den OP Kinos bzw. in den übrigen Lichtspieltheatern vor dem Hauptfilm als Alternative das Weltjournal bzw. Fox Tönende Wochenschau.
Das „Welt Journal" wurde von 1954 bis 1971 alternativ bzw. parallel zur Austria Wochenschau in den Kinos gezeigt. Sie hatte mehr internationale Beiträge, die meist westlich orientiert und amerikanisch dominiert waren, als die Austria Wochenschau. Die Produktion und der Vertrieb beider Wochenschauen lagen in einer Hand.
Mit dem Erscheinen der „Austria Wochenschau“ stellten die Alliierten ihre Wochenschauen ein, (Pfister 2012, 74–77) allerdings brachten die USA anstelle der „Welt im Film“, die Motion Picture Export Association (MPEA) „Tönende Wochenschau“ heraus, die jedoch 1952 von der „Fox Tönenden Wochenschau“ abgelöst wurde. Sie war im Vergleich zur „Austria Wochenschau“ dank der Zulieferung durch die amerikanische Muttergesellschaft in ihren Berichten aktueller und spektakulärer. Die bereits fertig gelieferten Ausgaben, die in München synchronisiert wurden, ergänzte das Österreich Büro noch mit ein bis drei lokalen Beiträgen. Leiter dieser Stelle war Otto Pammer, der auch Regisseur, Kameramann, Cutter und Chauffeur in einer Person war. Er produzierte in 24 Jahren für Fox Tönende Wochenschau rund 24.000 Beiträge. (Pfister 2012, 77f; ORF 2008)
3.6.2 Der Einsatz der Wochenschauen
Gezeigt wurden nach 1949 in den österreichischen Wochenschaukinos meist zwischen 10 und 22 Uhr in einer Endlosschleife ohne Unterbrechung die wöchentlich wechselnden Ausgaben der „Austria-“ sowie die „Fox Tönende Wochenschau“ bzw. des „Weltjournal“(s,) zusammen mit ein bis zwei Kurzfilmen und/ oder einem Zeichentrickfilm. (Edel 2004b)
In den übrigen Kinos gehörte die Wochenschau zusammen mit einem Kurzfilm, in Großkinos eventuell noch ergänzt von einer kurzen Werbe- oder Modeschau, zum Vorprogramm, wobei die „Austria Wochenschau“ vorwiegend die staatlichen und KIBA Kinos, die „Fox Tönende Wochenschau“ hingegen in erster Linie die privaten Lichtspieltheater bespielte. Die „Austria Wochenschau“ lieferte zur Blütezeit wöchentlich 300 Kopien aus, wenn man allerdings bedenkt, dass es damals alleine in Wien rund 200 Kinos und andererseits bis in kleine Dörfer Kinos gab, betrug der Verzögerungseffekt etliche Wochen, bis eine Wochenschau auch das Lichtspieltheater in den Dörfern erreichte. Damit hatten die Beiträge keinerlei Aktualität mehr.
Mit dem Aufschwung des Fernsehens und dessen tagesaktuellen Beiträgen sowie dem verstärkten Einsatz von O-Ton und schließlich von Farbe statt Schwarz-Weiß geriet die Wochenschau, die nur zögerlich diese neuen Elemente aufnahm und der geringeren Aktualität aufgrund der technischen Vorlaufzeit ins Hintertreffen und besiegelte deren Ende.
LITERATUR
Österreichische Gesellschaft für Filmwissenschaft, Kommunikations- und Medienforschung (Hg.) (1982) Austria Wochenschau 1974-1982. Schlagwortkatalog zum Bestand im Österreichischen Filmarchiv, Wien
Petschar, Hans (2008) Von der Ständestaat- zur Ostmark- Wochenschau. Die nationalsozialistische Bearbeitung der "Österreich in Bild und Ton" - Wochenschauen vom 1. Oktober 1937 bis 11. März 1938. Eine Dokumentation, in: Zeitgeschichte 35. Jg, Jänner/Februar, Heft 1, S. 4-34,
Wikipedia (2020a). Die Deutsche Wochenschau. https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Deutsche_Wochenschau (Zugriff 26. November 2020)
Wikipedia (2020b) Welt im Film. https://de.wikipedia.org/wiki/Welt_im_Film (Zugriff 26. November 2020)
Wikipedia (2020c). Geschichte der Wochenschau in Österreich. https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Wochenschau_in_%C3%96sterreich (Zugriff 26. November 2020)