Medienanalyse


Abb. 144 Bildredaktion "Die Welt" : Selektion, Reduktion

6. Medienanalyse

Nachrichtensendungen haben die Funktion, die Allgemeinheit über das aktuelle Tagesgeschehen aus aller Welt in umfangreicher Form unter Berücksichtigung der Meinungsvielfalt zu informieren. Eine Zeitungs- Hörfunk oder Fernsehnachricht kann als eine Mitteilung über ein aktuelles Ereignis aufgefasst werden, für das öffentliches Interesse besteht. Im Wesentlichen ist es eine nach bestimmten Regeln gestaltete journalistische Darstellungsform (Noelle-Neumann 1994 S. 307), bei der es um die Prozesse, der Tematisierung und Mediatisierung geht.

Nachrichtenarbeit bedeutet Selektion, Reduktion und Konzentration. Der Thematisierungsprozess wird durch journalistische Selektionskriterien erreicht, die u.a. von der Menge und der Vielfalt des gesamten Nachrichtenaufkommens, vom Zeitpunkt im Produktionsablauf, aber auch vom vorhandenen Bildmaterial abhängen. Hingegen beruht die Mediatisierung auf den sprachlichen, optischen, akustischen, technischen und organisatorischen Möglichkeiten, mit deren Hilfe die Facts vermittelt werden (Kleedorfer 1998 S. 57-62).

6.1 Grundformate der Nachrichteninformation

  • Sprecher/innensendung
  • In der Sprecher/innensendung verlesen ein oder zwei einander abwechselnde Sprecher/innen die Nachrichten. Dies geschieht möglichst ohne subjektive Anteilnahme, sodass der Eindruck einer neutralen Instanz entsteht. An Textsorten werden die Sprecher/innenmeldung, der Nachrichtenfilm, der Korrespondentinnen/ Korrespondentenenbericht, der Reporterbericht und das Statement, in selteneren Fällen auch das Interview verwendet.

     

  • Studiosendung
  • In der Studiosendung erfolgt eine Erweiterung der Form der Informationsvermittlung. Das Konzept der Inhaltsangabe, das die Sprecher/innensendung charakterisiert, wird in eine moderierte reflexive, problemorientierte Berichterstattung umgestaltet. Es erfolgt eine Erweiterung der Themen auf alle Lebensbereiche. Die Live – Elemente erhalten eine Ergänzung durch im Studio ablaufende Aktivitäten, wie das Studiointerview, womit das dialogische Prinzip eingeführt wird.

     

  • Journalsendung
  • In der Journalsendung steht die/derModerator/in im Mittelpunkt. Neben der bloßen Berichterstattung bemühen sie sich durch verständnisfördernde bzw. verständnissichernde Fragen, denen eventuell sogar bewertende Funktion zukommt, eine thematische Vertiefung zu erreichen. Inhaltlich konzentriert sich die Journalsendung auf den Hintergrund der Ereignisse, es werden mehr journalistische Textsorten eingesetzt, insbesondere das Interview oder das Schaltgespräch.

 

In den Nachrichtensendungen insbesondere im Fernsehen werden verschiedene journalistische Textsorten eingesetzt.

  • Sprecher/innenmeldung
  • Sie ist kurz und wird von einer/m Sprecher/in (Moderator/in) verlesen, wobei ein eingeblendeter Text und/ oder ein Stehbild das Gesagte unterstützen können. Die Sprecher/innenmeldung wird von Redakteurinnen /Redakteuren nach Agenturvorlagen gestaltet. Angeboten werden Hard News, die sich mit Politik oder Wirtschaft beschäftigen, Soft News, bei denen es um alles geht, was nicht unbedingt wichtig aber dafür interessant ist und Spot News, die Meldungen zu Kriminalität oder Katastrophen möglichst drastisch vermitteln.

     

  • Filmbericht
  • Stammt von den Rundfunkanstalten selbst oder von internationalen Filmagenturen. Der Film soll den Inhalt der gesprochenen Meldung belegen. Das Material wird in den Redaktionen bearbeitet und nachträglich betextet.

     

  • Reportage
  • Die Live – Reportage lässt die/den Zuseher /in an einem zeitgleich stattfindenden Ereignis teilnehmen. Der Einsatz mehrerer Kameras, geschickte Bildführung und Naheinstellungen erlauben den Eindruck der Unmittelbarkeit. Eher seltene Form, da die fixen Sendezeiten von Nachrichtensendungen, selten mit wichtigen Ereignissen übereinstimmen.

     

  • Reporter/innen- oder Korrespondentinnen-/Korresspondentenbericht
  • Ist ein inhaltlich und zeitlich umfassender Bericht, der auch noch andere Elemente, wie Interview, Statements oder Publikumsbefragungen einschließen kann und bei dem die/der Autor/in durch Insert und/ oder persönliches Auftreten kenntlich gemacht wird.

     

  • Kommentar
  • Soll Orientierung geben, damit Fakten und Zusammenhänge erkennbar werden. Mit der Person der/des Kommentatorin/Kommentators fließen persönliche Meinung und Wertungen ein.

     

  • Schlagzeile
  • Wird verlesen und als Insert eingeblendet, bietet eine Vorabinformation und weckt die Neugierde auf das Kommende.


Breaking News: Maskenpflicht fällt. Impfpflicht bleibt weiter ausgesetzt.

(Die Presse 24.05.2022)

  • Interview
  • Ist die Befragung einer Person, die entweder in einem bestimmten Fach- oder Sachgebiet über Informationen von allgemeinem Interesse verfügt oder wegen ihrer (politischen) Funktion für die Öffentlichkeit von Bedeutung ist.

     

  • Statement
  • Stellungnahmen, die gerne eingespielt werden, manchmal in einem anderen Kontext, als sie entstehen. Bei Zeitmangel werden sie nur zitiert.

 

6.2 Inhaltliche Analyse

Abb. 153 Inhaltsanalyse

Inhaltsanalyse

Methode zur objektiven, systematischen und quantitativen Beschreibung des manifesten Kommunikationsinhaltes.

Wird von den Reporterinnen/Reportern etwas auf Grund des paradigmatischen Selektionsvorganges als nachrichtenswert erachtet, erfolgt als erstes eine Kategorisierung in die Felder

  • Politik (Außen-, Innenpolitik)
  •  

  • Wirtschaft
  •  

  • Gelegenheitsberichte (Kriminalität, Katastrophen)
  •  

  • Kultur
  •  

  • Sport
  •  

  • Unterhaltung
  •  

und damit ergibt sich eine Strukturierung der Nachrichtensendung.

Bei der Analyse von Nachrichten geht es einerseits um Fragen der Genauigkeit, der Verzerrung oder der Konstruktion von Wirklichkeit.

 

6.2.1 Kategorien des Inhalts

Abb. 154 Information. Wer? Wann? Was?

  • Information
  • Die Information umfasst Meldungen über Ereignisse, die in einem beobachtbaren Vorgang bestehen. Sie beinhaltet die drei "Ws": Wer? Wann?  Was?

     

  • Hintergrundinformation
  • Sie umfasst sowohl die kontinuierliche Darstellung einer Entwicklung, wie auch Rückverweise auf einzelne in der Vergangenheit liegende Vorfälle.

     

  • Relevanz
  • Sie ergibt sich, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien gegeben ist:

  1. ein sehr großer Kreis von Betroffenen
  2.  

  3. ein Ereignis von existentieller Bedeutung
  4.  

  5. die Konsequenzen des Ereignisses sind dauerhaft
  • Personalisierung

Abb.155 eine Person oder eine Gruppe steht im Mittelpunkt des Ereignisses (1. Mai Feier Wien)

  1. Eine Person oder eine Gruppe ist handelndes Subjekt, bzw. Ursache oder Mittelpunkt eines Ereignisses.
  2.  

  3. Das Ereignis ist abstrakt, aber die handelnden Personen stehen im Vordergrund, das strukturelle Geschehen drückt sich überwiegend im Handeln von Personen aus.
  4.  

  5. Das Ereignis ist überwiegend abstrakt, das strukturelle Geschehen steht im Vordergrund, beteiligte Personen werden erwähnt.
  6.  

  7. Im Ereignis kommt nur strukturelles Geschehen zum Ausdruck. Sachverhalte oder abstrakte Vorgänge stehen im Mittelpunkt des Ereignisses, Personen kommen nicht vor.
  8.  

  • Ethozentrierung

Abb. 156 Ethnozentrierung

  1. Das Ereignis spielt sich im Inland ab und Inländer sind die Beteiligten.
  2.  

  3. Das Ereignis spielt sich im Inland mit ausländischen Beteiligten.
  4.  

  5. Das Ereignis spielt sich im Ausland ab, aber die Beteiligten sind Inländer.
  6.  

  7. Das Ereignis spielt sich im Ausland ohne inländischen Beteiligten ab.
  • Haltung

Abb. 157 Haltung?

Sie zeigt sich in Äußerungen der am politischen Geschehen beteiligten Personen, in denen aktuelle Handlungsstrategien oder längerfristige politische Zielsetzungen zum Ausdruck gebracht werden.

 

6.3 Formale Einheiten der Analyse

Nach einem anderen Schema der Analyse können Medien nach formalen Einheiten beschrieben werden Solche formalen Einheiten sind beispielsweise:

  • physikalische Einheiten
  •  

    Das kann beispielsweise ein Buch, ein Zeitungsexemplar, ein Film oder eine Nachrichtensendung sein. Dabei spielen Zeit, Umfang und Länge eine Rolle.

  • syntaktische Einheiten

Abb. 161 Sequenz

  • referentielle Einheiten
  • Sie sind durch ihren Bezug auf bestimmte Personen, Objekte, Institutionen(1) oder Ereignisse in der beobachteten Realität definiert.

     

  • propositionale Einheiten
  • Definieren sich als relativ komplexe Mitteilungsstrukturen, die teils durch semantische, teils auch durch syntaktische Beziehungen festgelegt sind. Beispielsweise könnte es sich dabei um eine eindimensionale, sachliche oder bewertende Feststellung über eine Tatsache, eine Person oder einen Vorgang handeln.

  • thematische Einheiten
  • Werden meist relativ abstrakt und ausschließlich semantisch definiert ( z.B.: als politische Themen)

 

6.4 Bildanalyse

Abb. 165 Bildhaftes Zerlegen

Abb. 166 Konnotation

Abb. 167 Redundanz

Jedes Medium besitzt seine eigene Sprache, hat, seine eigene Art, Dinge auszudrücken. "Filmisches Erzählen" beruht auf dem bildhaften Zerlegen von Ereignissen in mehr oder minder lange Einheiten (Selektives Sehen), die unter dem Gesichtspunkt der Bedeutung für die Geschichte sinnvoll zu einem neuen, gestalteten Gesamteindruck zusammengefügt werden.

 

6.4.1 Kriterien der Bildanalyse

  • Denotation
  • Was zeigen die Bilder?

     

  • Konnotation
  • Welche zusätzlichen Bedeutungen, Anspielungen, Assoziationen liegen in den Bildern? Welche eigentliche Botschaft enthalten sie?(3)

     

  • Bild – Ton – Verhältnis
  • Hier geht es um die Frage von Entsprechung oder Diskrepanz und damit um die Frage, ob die Aufmerksamkeits- und die Verstehensleistung der Zuseherin/des Zusehers unterstützt oder gehemmt wird. Ideal ist die Kongruenz von Wort und Bild, indem die Nachrichten so illustriert sind, dass sie nicht vom Inhalt ablenken. Schwache oder nicht vorhandene Text – Bildidentität wird als Text - Bild - Schere bezeichnet.

     

  • Redundanz
  • Ist die Verdoppelung von Bild- und Toninformation. Die Wiederholung von Information und Informationselementen geschieht, um die Verständlichkeit zu verstärken und die verschiedenen Sinne anzusprechen.

 

 

6.4.2 Montage

Abb. 168 Filmmontage

Abb. 169 Abfolge, Jagdszene, zeitliches Nacheinander

Abb. 170 Anruferin und Angerufene gleichzeitig sehen

Der fertige Film beinhaltet meist nur einen kleinen Teil des Filmmaterials, das ursprünglich erstellt wurde. Er ist das Ergebnis der so genannten „Montage“, wie die Anordnung und das Zusammenfüge von Bildern bezeichnet wird.

Während die Montage an inhaltlichen Vorgaben und somit an ein dramaturgisches Konzept orientiert ist bzw. selbst als Teil davon betrachte werden kann, ist der Schnitt ein lediglich technischer Begriff.

Zwei Arten der Montage sind möglich:

  • Sukzession
  • Bei der Sukzession wird ein zeitliches Nacheinander vermittelt, indem mehrere Einstellungen aneinandergereiht werden. Zwar können etwa Zeitsprünge eingebaut sein, der Eindruck des chronologischen Ablaufs darf dadurch aber nicht gestört werden.

     

  • Simultaneität
  • Die Simultaneität schafft dagegen den Eindruck gleichzeitig wahrgenommener Ereignisse, der in der Realität nicht möglich ist. Die Montage macht allerdings das Unmögliche gleichsam möglich, indem sie zum Beispiel normalerweise getrennte Orte, Ereignisse und optische Eindrücke nebeneinandersetzt.

 

 

6.4.3 Schnitt

Mit Schnitt wird das Zerlegen des Filmmaterials in kleinere Einheiten bezeichnet. Im analogen Verfahren trennte die/der Cutter/in die Streifen ab, bzw. fügt (klebt) die ausgewählten Streifen in gewüschter Folge wieder aneinander. Am Ende liegt die fertige Schnittkopie vor. Im digitalen Verfahren geschieht dies mit Hilfe von Programmen und können alle Arbeiten (zB. Schnitt, Ton, Farbeffekte) an einem Platz erfolgen.

 

6.4.4 Einstellungsverbindung

Die Verbindung der einzelnen Einstellungen miteinander erfolgt entweder als:

  • Match Cut
  • Er ermöglicht einen gleitenden Ãœbergang zwischen zwei aufeinander folgenden Einstellungen, wobei Elemente der ersteren in die zweite Einstellung übernommen werden (z.B. gleicher Kamerawinkel oder farbliche Akzente).

     

  • Jump cut
  • Der Jump Cut ignoriert dagegen die traditionellen Anschlussregeln und erzeugt – etwa durch zeitliche Auslassungen – einen Bildsprung.(2)

 

6.5 Bildgestaltung

Abb. 174 Elemente, die als wichtig empfunden werden, sind ins Bildzentrum gerückt

6.5.1 Kadrierung

Darunter versteht man die Bildbegrenzung, die bestimmt, welche Elemente der Realität für die/den Zuschauer/in als besonders wichtig empfunden und deshalb ins Bildzentrum gerückt werden.

Es muss die Schüler/innen klar sein, dass das Medium Film niemals die Wirklichkeit „objektiv“ abbilden kann (so wie auch das Individuum letztlich niemals die Wirklichkeit im Ganzen erfassen kann und daher notwendigerweise selektiert), sondern – unbewusst bzw. auch bewusst für Manipulationszwecke – nur einen Teil der Wirklichkeit ins Bild rückt.

Im Gegensatz zur Wahrnehmung im Alltag, die Bilder meist flüchtig rezipiert, müssen die Bilder des Films, die durch ihre Grenze und ihre innere Ordnung Konstruktionen sind, anders rezipiert werden. Ihre bewusste Gestaltung muss durch eine bewusste Analyse erkannt werden. Die Wahrnehmung von Filmbildern unterscheidet sich damit grundsätzlich von der Alltagswahrnehmung.

 

6.5.2. Formen der Bildgestaltung

Abb. 175 auf das im Rahmen Dargetellte konzentrieren

Abb. 176 Kamerablick

  • geschlossene Form
  • Hier konzentriert sich die/der Zuschauer/in nur auf das im Rahmen (Frame) Dargestellte. Die/der Betrachter/in wird daran gehindert abzuschweifen und sich der Welt jenseits des gezeigten Bildes, die dieses eventuell in einen anderen Zusammenhang rücken könnte, zuzuwenden.

     

  • offene Form:
  • Stellt dagegen einen Bezug zur nicht sichtbaren (filmischen) Wirklichkeit her, etwa durch Töne oder durch Personen, die aus dem Rahmen des Bildes treten.

 

6.6 Kameraeinstellung

Die Kameraeinstellung beschreibt die Art und Weise, wie das "Kameraauge" auf die Gegenstände bzw. Personen eingeht. Sie bezieht sich immer auf das Hauptmotiv.

 

6.6.1 Bildausschnitt

Der Bildausschnitt zeigt das Festumrissene.

Abb. 177 Dabei betont die Naheinstellung die Person,

Abb. 178 während die Totale das Umfeld zeigt

Abb. 179 und sich die Großeinstellung auf den Aussagekern konzentriert.

Die Einstellungsgrößen orientieren sich am menschlichen Körper. Die Darstellung der Objekte gibt Auskunft über die Beziehung des Dargestellten zum Beobachtenden, über (fiktive) Nähe und Distanz. Die Einstellungsgrößen tragen keine einheitlichen Bezeichnungen. Dennoch haben sich gewisse Begriffe als weit verbreitete Übereinkunft durchgesetzt.

  • Weit
  • Zeigt etwa eine Landschaft, der Mensch ist verschwindend klein. Damit wird der/dem Zuschauer/in ein Ãœberblick vermittelt. Diese Einstellung kann auch dazu dienen, überwältigende Bilder zu zeigen, eine beeindruckende Atmosphäre zu schaffen.

  • Totale
  • Sie bildet den Handlungsraum des Menschen ab und dient als Orientierung. Wichtig ist die Szenerie, nicht die Darstellung der handelnden Menschen.

  • Halbtotale
  • Präsentiert die menschliche Figur von Kopf bis Fuß. Damit werden Bewegungen des ganzen Körpers oder Personengruppen dargestellt.

  • Halbnah
  • So werden Einstellungen bezeichnet, die den Menschen vom Kopf bis zur Hüfte zeigen. Damit wird sowohl menschliche Mimik und Gestik als auch die situative Einbindung der Protagonistinnen/Protagonisten dargestellt.

  • Nah
  • Heißt die Darstellung vom Kopf bis zur Mitte des Oberkörpers. Sie erzeugt Gefühlsregungen, zeigt Reaktionen von Personen und lenkt die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte von Mimik und Gestik.

  • Groß
  • Stellt Nähe zu einer gefilmten Person her und hat emotionalisierende Wirkung, zudem werden Einzelheiten sichtbar. Diese Einstellung zeigt etwa einen Kopf und rückt die Mimik in den Vordergrund.

  • Detail (oder auch: Ganz groß)
  • Präsentiert lediglich Ausschnitte von Körpern und Dingen (z.B. Mund, Finger, Revolverabzug) und erzeugt eine besonders intensive Bildwirkung. Diese Einstellung eignet sich letztlich für symbolisch aufgeladene Einstellungen.

 

6.6.2 Perspektive

Abb. 180 Perspektive

Die Perspektive bestimmt auch den Standpunkt der Zuschauer/innen. Diese verfallen leicht in eine Augenzeuginnen-/Augenzeugenillusion und vergessen in vielen Fällen, dass die Bildsequenz durch Kamerafrau oder Kameramann, Cutter/in und/oder Redakteur/in bereits selektioniert und arrangiert wurde.

 

6.7 Kamerawinkel

Abb. 181 Kamerawinkel

Schließlich ist für die Unterrichtsbeispiele auch die Kameraperspektive bzw. der Kamerawinkel von Bedeutung, zumal sich die Wirkung der Einstellungsgrößen mit der Blickrichtung der Kamera entfaltet.

In diesem Zusammenhang müssen insbesondere die Untersicht und die Aufsicht hervorgehoben werden.

  • Die Untersicht bedeutet, dass die Kamera von schräg unten auf Figuren oder Objekte gerichtet ist. Eine Extremform stellt die so genannte „Froschperspektive“ dar, die bei der/dem Betrachter/in ein Gefühl der Unterlegenheit erzeugen kann. Mit der Untersicht kann aber auch jemand erhöht, als besonders und verehrenswert bzw. anbetungswürdig darstellt werden.
  •  

  • Bei der Aufsicht wird wiederum auf Figuren und Objekte herabgeblickt, wobei die so genannte „Vogelperspektive“ als Sonderform zu betrachten ist. Die Aufsicht kann ein Gefühl der Ãœberlegenheit suggerieren, aber auch Weitsicht einer Person ausdrücken
  •  

  • Zwischen der Untersicht und der Aufsicht steht schließlich noch die Normalsicht unterscheiden, die der gewohnten Sehweise auf Augenhöhe entspricht.

 

6.8. Betrachtungszeit

Abb. 182 Zeit zwischen dem Ein- und Ausschaltvorgang

Die Betrachtungszeit, die sich aus der Zeit zwischen dem Ein- und Ausschaltvorgang, aber auch der Kamerabewegung ergibt. Die Einstellungslängen bei Nachrichtenbeiträgen machen meist nur 2 -3 Sekunden aus und können vom Auge des Betrachters nur unvollständig durchmustert werden und doch hat der Zuseher den Eindruck eine Sequenz vollständig zu erfassen. Einstellungen mit Bewegung sind durchschnittlich länger als ohne Bewegung.

Die Bewegung sollte in erster Linie aus dem Motiv selbst kommen. Bewegungen mit der Kamera stellen aber eine zusätzliche Bereicherung des Films dar.

 

6.9 Kamerabewegung

Auch die Kamerabewegungen gelten als filmsprachliche Mittel. Dies kann durch Schwenken bzw. Bewegung im Raum geschehen. Die Veränderung der Brennweite erzeugt eine zumindest virtuelle Bewegungswirkung.

 

6.9.1 Schwenk

Beim Schwenk wird die Kamera bewegt ohne den Standort zu verlassen. Damit verschiebt sich der Ausschnitt des Gezeigten. Der Bildraum wird damit erweitert.

Der beschreibende Schwenk (auch Panoramaschwenk) informiert, kann aber auch suchen, abtasten, Details hervorheben. Er entspricht einem fortwährenden Schauen und Beobachten des Betrachters.

 

6.9.2 Kamerafahrt

Die Kamerafahrt ist eine Bewegung der Kamera durch den Raum. Häufig dient sie dazu, einer sich bewegenden Handlung (z. B. Gespräch während des Gehens) zu folgen. Die/Der Zuschauer/in wird der Eindruck vermittelt, selbst der Handlung zu folgen. Auch damit wird Nähe zu den Akteurinnen/Akteuren suggeriert.

 

6.9.3 Zoom

Beim Zoom handelt es sich um eine scheinbare Kamerabewegung. Durch die Betätigung eines Objektivs mit veränderlicher Brennweite kommt es, ohne Standortwechsel, zu einer kontinuierlichen Veränderung des Abbildungsmaßstabs(4), beispielweise von der Totalen zur Naheinstellung. Durch den Zoom können Einstellungsgrößen ohne Schnitt geändert werden. Das Einzoomen als Bewegung hin zu einem Objekt bringt es dem Publikum auch im übertragenden Sinn näher.

 

6.10 Tonanalyse

Abb. 187 Tonaufnahme

Film kommuniziert mit der Kombination von sichtbaren und hörbaren Zeichen (audiovisuell), wobei der Ton – mehr als visuelle Zeichen – oft nicht bewusst wahrgenommen wird. Neben filmtechnischer Bedeutung, d.h. neben seiner Funktion, einzelne Einstellungen zu verbinden, ist der Ton auch ein Bedeutung tragendes Element.

Die Analyse des Tons ist interessanterweise weniger elaboriert als etwa jene des Bildes. Dass Bilder kein objektives Abbild der Wirklichkeit sind und dass bewusste Ausschnitte gewählt werden (Kadrierung), ist heute allgemein anerkannt. Beim Ton scheint dieses Bewusstsein nicht vorhanden zu sein, weshalb Gedanken zu einer Quellenkritik des Tons sinnvoll erscheinen. Eingriffe und Veränderungen im Bereich des Tons werden in der Filmanalyse nur am Rande problematisiert. Sie sind aber im Zuge der Quellenkritik des Films zu berücksichtigen.

 

6.10.1 Töne

Basis der Analyse sind die Töne. Dabei lassen sich drei Elemente unterscheiden:

Abb. 188 Was und wie gesprochen wird.

Abb. 189 z.B. Hundegebell

Abb. 190 Musik

  • Sprache
  • Für die Analyse der Sprache ist dabei wichtig, was und wie die dargestellten Personen sprechen. Wesentlich sind:

  1. Inhalt
  2.  

  3. Intonation
  4.  

  5. Lautstärke

Aber auch die Kombination mit Geräuschen, Musik und Bildgestaltung muss beachtet werden.

  • Geräusche
  • Geräusche sind spezifische akustische Signale, die sich einer bestimmten Schallquelle zuordnen lassen. Beipiele wären:

  1. Hundegebell
  2. Dampflokomotive
  3. Hammerschläge
  4. Gelächter
  5. Donner
  6. Sturm
  7. Regentropfen
  8. Revolverschuss
  9. Explosion
  • Musik
  • Musik ist die menschliche Kommunikationsform bzw. Kunstart, die in gestaltetem klanglichem Material vollzogen wird und als eine spezifische „Sprache“ Reize und Gefühle, gedankliche Bedeutungen und Sinn vermittelt. Musik ist somit „Tonkunst“, „Zeitkunst“ und „ausübende“ Kunst“. Sie kann aber auch einfach als klingender und wahrnehmbarer Schall verstanden werden.

Geräusche und Musik werden meist recht konventionell eingesetzt, d.h. sie kennzeichnen dramatische Inhalte, können Spannung erzeugen, Traurigkeit oder Fröhlichkeit vermitteln und den Eindruck heldenhafter Taten verstärken.

 

6.10. 2 Quellenkritik des Tons

Abb. 191 Die Aufnahme verändert die Wirklichkeit

  • Mikrofone
  • Ähnlich wie die Kadrierung des Bildes selektiert also auch die akustische Aufnahme Teile der Wirklichkeit. Denn schon die Aufnahme verändert die Wirklichkeit, etwa durch die Art und die Platzierung des Mikrofons. Die verschiedenen Charakteristiken von Mikrofonen nehmen unterschiedliche Räume auf.

    Nahbesprechungsmikrofone etwa bilden nur den akustischen Raum ab, der sich unmittelbar davor befindet. Geräte mit Kugelcharakteristik hingegen nehmen einen kugelförmigen Raum rund um das Mikrofon auf.

  • Tonproduktion, -bearbeitung
  • Häufig werden Töne künstlich digital produziert und besitzen in der Wirklichkeit kein Äquivalent im Sinne eines "signifié" (Ferdinand de Saussure).

    Auch die Weiterbearbeitung durch Filtern, Dämpfen, Verzerren oder Stimmveränderung wie das Betonen von Bässen verändert den Originalton.

    Die nachträgliche Ergänzung des Bildes durch Ton vermischt häufig Originaltöne, also die Aufnahmen des tatsächlichen Ereignisses, mit nachträglichen Ergänzungen (etwa unterlegter Musik und Geräuschen oder der Voice-over-Technik). Somit werden zwei Zeitebenen miteinander verbunden.

  • Gestaltungsprozess
  • Im Prozess der Gestaltung von Sendungen kommt es schließlich auch zur Veränderung des zeitlichen Ablaufs. Der Ton wird nicht unbedingt in der aufgenommenen Abfolge wiedergegeben, sondern kommt in einen neuen Kontext (das gilt im Ãœbrigen auch für die Bilder).

    Töne, die bereits "gehört" wurden, beeinflussen die Rezeption der nächsten Töne. Das wird vor allem deshalb oft nicht beachtet, weil durch die Vorführung im Kontinuum eine zeitliche Abfolge, die eine bestimmte Logik vorgibt, suggeriert wird. Auch Töne, die gleichzeitig zu hören sind wie Interviews und Musik, beeinflussen sich gegenseitig in ihrer Bedeutung.

  • Nachbearbeitung
  • In der Nachbearbeitung des Tons werden häufig bewusste Veränderungen vorgenommen. Durch die Auswahl von Aussagen kann der Kontext von gesprochenen Texten verloren gehen. Schnitte verkürzen Aussagen, und Versprecher oder Sprechpausen, die über Befindlichkeiten von Sprecherinnen/Sprechern – etwa über ihre Unsicherheiten – Auskunft geben, fallen manchmal weg.

 

6.10.3 Erzähler-Modus

Abb. 192 der Erzähler, der nicht im Bild ist

Bei den vorliegenden Filmbeispielen ist die Voice-over-Technik zu beachten, bei der die Stimme einer/eines Sprecherin/Sprechers über die Bilder des Films gelegt wird. Die/Der Erzähler/in ist weder auf der Leinwand zu sehen, noch könnte sie/er aus dem „Off“ in das Bild treten.

Dabei kann einerseits zwischen der/dem subjektiven Erzähler/in, andererseits der/dem – zumindest scheinbar – objektiven Erzähler/in, die/der mit der/dem auktorialen Erzähler/in in der Literatur vergleichbar ist, unterschieden werden. Diese/r ist allwissend, kennt alle Fakten und selbst die Gefühle von Figuren, gibt Informationen und interpretiert. Zu beachten ist, dass den gezeigten Bildern erst durch die Erzählungen Bedeutung verliehen wird.

 

6.11 Textanalyse

Abb. 193 Die Nachricht verstanden?

Allabendlich verfolgen ca. 2,5 Mill. Seher/innen die Nachrichtensendung ZiB1 und darüber hinaus zeigen Studien, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung Nachrichtensendungen als die wichtigste Informationsquelle angibt. Dem steht gegenüber, dass 60 – 80% der Nachrichtenrezipientinnen/Nachrichtenrezipienten die Nachrichten nicht verstehen. Daher kommt bei der Textanalyse den Sprachkriterien eine große Bedeutung zu.

 

6.11.1 Sprachkriterien

Eine Analyse der Nachrichten zeigt ein anderes Bild. Die Texte weisen eine für die/den Hörer/in schwer zugängliche Sprachstruktur auf. Sie besitzen eher komplexe Strukturen, enthalten zu viele Fach- und Fremdwörter und sie sind zudem Lesetexte, die von den Sprecherinnen/Sprechern im Regelfall, der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit entsprechend, mit zu hohem Tempo vom Auto-Cue(5) in der Sendung abgelesen werden. Dies macht den hohen Anteil des Nichtverstehens plausibel.

Abbildungsverzeichnis

  • Abb. 144 Bildredaktion "die Welt" © Ralf Roletschek [CC BY-SA 3.0], wikimedia commons
  • Abb.145 Peter Fichna © GO Materialien
  • Abb. 146 Studio © orf.at
  • Abb. 147 Gespräch © Peter Kirchhoff, www.pixelio.de
  • Abb. 148 Franziska Kalmar © GO Materialien
  • Abb. 149 Thema © klaus edel, dgpb Screenshot;orf.at
  • Abb. 150 Günter Schmidt © GO Materialien
  • Abb. 151 Paul Lendvai © GO Materialien
  • Abb. 152 Pressestunde © klaus edel, dgpb Screenshot; orf.at
  • Abb. 153 Inhaltsanalyse © klaus edel, dgpb
  • Abb. 154 Information © klaus edel, dgpb; orf.at
  • Abb. 155 eine oder mehrere Person/en © klaus edel, dgpb Screenshot
  • Abb. 156 Ethnozentrierung © klaus edel, dgpb
  • Abb. 157 Haltung © klaus edel, dgpb
  • Abb. 158 Kappeler-Ukraine © klaus edel, dgpb; C.H. Beck
  • Abb. 159 die Presse 25.02.2022 © klaus edel, dgpb Screenshot; die presse com 25.02.2022
  • Abb. 160 ARD 1 © klaus edel, dgpb Screenshot; youtube <a href="https://www.youtube.com/watch?v=MkSDUxABKHM" target="_blank">www.youtube.com/watch</a>
  • Abb. 161 Sequenz © GO Materialien
  • Abb. 162 Einstellungsprotokoll © klaus edel, dgpb
  • Abb. 163 Szene © Doris Rennekamp, www.pixelio.de
  • Abb. 164 Sequenz © Markus Hein, www.pixelio.de
  • Abb. 165 bildhaftes Zerlegen © Ernst Rose, www.pixelio.de
  • Abb. 166 Konnotation © klaus edel, dgpb
  • Abb. 167 Redundanz © Daniel Mietchen[CC0], wikimedia commons
  • Abb. 168 Filmmontage © Lehrke-Filmtechnik
  • Abb. 169 Abfolge © AngelaL, www.pixelio.de
  • Abb. 170 Telefonieren © klaus edel, dgpb; frugola, www.pixelio.de; © Thorsten Freyer, www.pixelio.de
  • Abb. 171 Filmschnitt © klaus edel, dgpb; Kreisbildstelle Miesbach
  • Abb. 172 Landschaft © klaus edel, dgpb; Leo Arnskötter, www.pixelio.de; Martin Ostheimer, www.pixelio.de
  • Abb. 173 Jump cut example © Buying Time at Mushnik's &quot;Little Shop of Horrors&quot; (1986)
  • Abb. 174 Wichtig © Rainer Sturm, www.pixelio.de
  • Abb. 175 geschlossene Form © Dirk Seltrecht, www.pixelio.de
  • Abb. 176 Kamerablick © Markus Hein, www.pixelio.de
  • Abb. 177 Naheinstellung © klaus edel, dgpb Screenshot
  • Abb. 178 Totale © klaus edel, dgpb Screenshot
  • Abb. 179 Großeinstellung © klaus edel, dgpb Screenshot
  • Abb. 180 Perspektive © Klaus Müller, www.pixelio.de
  • Abb. 181 Kamerawinkel © Harald Ruiss, dgpb; nach Munaretto Stefan (2007). Wie analysiere ich einen Film? Hollfeld S. 46
  • Abb. 182 ein-aus © BirgitH, www.pixelio.de
  • Abb. 183 Kamerabewegung © Michael Bührke, www.pixelio.de
  • Abb. 184 Schwenk © klaus edel, dgpb Screenshots
  • Abb. 185 Kamerafahrt © Sean Devine [CC BY-SA 3.0], wikimedia commons
  • Abb. 186 Zoom © Stefan-Xp [CC BY-SA 3.0], wikimedia commons
  • Abb. 187 Tonaufnahme © Heike, www.pixelio.de
  • Abb. 188 Sprache © Maren Beßler, www.pixelio.de
  • Abb. 189 Gebell © Ivan Slezak, www.pixelio.de
  • Abb. 190 Musik © Oliver Klas, www.pixelio.de
  • Abb. 191 Tonstudio © Paul-Georg Meister, www.pixelio.de
  • Abb. 192 voice over © alf loidl, www.pixelio.de
  • Abb. 193 Texte © Franz Haindl, www.pixelio.de
  • Abb. 194 Unterhaltung © Joujou, www.pixelio.de
  • Abb. 195 TV-Information © klaus edel, dgpb Screenshot; eXXpressTV
  • Abb. 196 Strukturen © Angelina Ströbel, www.pixelio.de