Landtagswahlen und Landtage in Österreich


Alfred Germ

1.Konzeptive Überlegungen zur Gestaltung didaktischer Szenarien

Abb. 40 konzeptive Überlegung

  • Die Grundzüge des österreichischen politischen Systems
  • Die Bedeutung der Landtage im österreichischen/europäischen Mehrebenensystem
  • Landtage im Spannungsfeld zwischen Föderalismus - Zentralismus - Subsidiarität
  • Wie betreffen Jugendliche der Landtag und die Landesgesetzgebung? Möglichkeiten der Partizipation
  • Medien- und Methodenkompetenz im Rahmen des Lehrplanes und des Kompetenzmodells zur politischen Bildung

 

2. Implementierung des Kompetenzmodells Politische Bildung

Abb. 41 Kompetenzmodell

Landtagswahlen und Landtage in Österreich haben immer Saison“, finden doch in relativ kurzen Abständen Wahlen dazu statt. Das Thema bietet die Möglichkeit eines auf Aktualität und unmittelbare Gegenwart gestützten politisch bildenden Unterrichts und soll das Kompetenz-Strukturmodell zur Politischen Bildung in allen vier Bereichen zur Anwendung bringen (Krammer 2008, 5-14).

Neben Sach-, Urteils- und Handlungskompetenz steht in diesem Fallbeispiel vor allem die Methodenkompetenz in Kombination mit dem Umgang neuer Medien im Vordergrund. Didaktische Leitfigur ist ein/e aufgeklärt denkende/r und handelnde/r Bürger/in. Die Schüler/innen sollen in ihrer Rolle als mündige Bürger/innen den Umgang mit Rechtsquellen lernen und dabei begreifen, dass Informationen über das rechtlich-politische Feld eine Holschuld darstellen. E-Government soll dabei kein abstrakter Begriff für die Schüler/innen bleiben, sondern die oftmals geforderte Bürgernähe für sie sehr konkret erfahrbar gemacht werden. Das Thema Landtage eignet sich daher auch zur Thematisierung von Identitätsfragen, kann doch durch den unmittelbaren Landesbezug Nähe zu Politik und Politiker/innen hergestellt werden. Schüler/innen erleben sich aufgrund ihres relativ kurzen Sozialisationsprozesses wohl wenig als kosmopolitisch oder europäisch, mehr wohl über die nationale Ebene determiniert und vermutlich am stärksten über die föderale und kommunal-lokale Ebene definiert. Aufgrund dieser „Nähe“ kann die Beschäftigung mit Landespolitik viel unmittelbarer auf Schüler/innen wirken, zumal eine Vielzahl von Politikfeldern, die Jugendliche unmittelbar betreffen, auch im landespolitischen Kompetenzbereich angesiedelt sind.

Im Rahmen der Handlungskompetenz steht selbstverständlich die politische Partizipationsbereitschaft der Schüler/innen auch auf Landesebene im Mittelpunkt (Wählen ab 16). Die Kontaktaufnahme mit politischen Entscheidungsträger/innen auf Landesebene kann als Teilkompetenz formuliert werden.

Die Urteilskompetenz kann in einem Abwägen der Vor- und Nachteile föderaler Strukturen begründet werden. Als notwendiges Arbeitswissen sollte dabei gelten: Grundstruktur des österreichischen politischen Systems, seine Einbettung auf europäischer Ebene und die Bestimmungen des Wahlrechts in Österreich. Die Schüler/innen sollen ein Grundverständnis für den föderalen Aufbau Österreichs entwickeln und verschiedene Politikbereiche den einzelnen Ebenen (Bund, Länder, Gemeinden) zuordnen können. Der Bereich der Verwaltung auf Landesebene und das Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern in der „mittelbaren Bundesverwaltung“ (vgl. Art 102 und 103 B-VG) bleiben aufgrund des hohen Komplexitätsgrades hier ausgespart, da sie für die Ziele in dieser Unterrichtssequenz eher zur Verwirrung denn zur Aufklärung beitragen würden.

Dabei erschöpft sich dieser Teil des Unterrichts keineswegs in einer reinen „alten“ Institutionenkunde, sondern erfasst im Sinne eines „aufgeklärten Institutionalismus“ die Dimension des Politischen in der Form von „Polity“, wo politische Institutionen, Gesetze und Rechtsnormen als In- strumente der Macht analysiert werden und damit Wege der Einflussnahme auch für Jugendliche aufgezeigt werden können. (vgl. Ammerer 2008, 53f.) Gemäß didaktischem Grundkonsens setzt auch diese Unterrichtssequenz an den unmittelbaren Lebens- und Erfahrungswelten der Jugendlichen an, indem einzelne Bereiche der Jugendschutzgesetze thematisiert, diskutiert und reflektiert werden sollen. Der Landtag als Institution soll daher nicht als abstrakt und lebensfern erfahren werden, so wie dies im Rahmen hoher Politik(er)verdrossenheit auch das öffentliche Bewusstsein determiniert. Motivation kann aufgebaut werden, indem die persönliche Betroffenheit bei politischen Entscheidungen an konkreten Beispielen vor Augen geführt wird und Politik an bekannten Personen (Landeshauptfrau/mann) festgemacht werden kann. Die gesamte Unterrichtssequenz setzt den Zugang zum Internet für die Schüler/innen voraus.

 

3. Unterrichtsziele

Abb. 42 Sitzungssaal des Salzburger Landtages (Chiemseehof)

  • Landtage sollen von den Schüler/innen als wichtiges Element einer repräsentativen Demokratie wahrgenommen und begriffen werden.
  • Schüler/innen sollen mit der Grundstruktur des österreichischen/europäischen politischen Systems vertraut gemacht werden und sich mit der spezifischen Form der Landespolitik auseinandersetzen.
  • Die Schüler/innen sollen durch die „Nähe“ der Landesgesetzgebung begreifen, wie sehr die Landtage gerade auf ihren unmittelbaren Lebensalltag Bezug nehmen.
  • Anhand von konkreten Fallbeispielen sollen den Schüler/innen Gesetzesinhalte vermittelt werden.
  • Schüler/innen sollen das eigenständige Recherchieren in parlamentarischen Rechts- und Dokumentationssystemen als Teil von E-Government üben lernen und als Selbstverständlichkeit moderner Regierungstätigkeit begreifen.
  • Anhand von Landtagswahlkämpfen, Diskussionen mit Landespolitikerinnen und Landespolitikern oder dem Besuch von Landtagssitzungen soll den Schüler/innen eine Möglichkeit zum Einblick in politische Prozesse und Abläufe gegeben werden.
  • Durch Simulationsspiele sollen sich die Schüler/innen selbstständig Politikbereiche erarbeiten und durch ihr Handeln demokratisches Verhalten einüben.

 

4. Lehrplanbezug

Das Politische System Österreichs

Grundsatzerlass zur Politischen Bildung für alle Schultypen und Unterrichtsfächer Sekundarstufe I und II.

  • 4. Klasse (A)HS/GSK/PB

– Österreich – die Zweite Republik: politisches System; Demokratie und Formen ihrer Weiterentwicklung

  • 7. Klasse AHS/GSK/PB

politisches Alltagsverständnis; Motivationen und Möglichkeiten politischer Beteiligungs-, Entscheidungs- und Konfliktlösungsprozesse

  • 8. Klasse AHS/GSK/PB

das politische und rechtliche System Österreichs ... (Grundzüge von Verfassung, politischem System, Verwaltung und Rechtssprechung)

  • 8. Klasse AHS/GWK

Politische Gestaltung von Räumen

    6./7./8. Klasse AHS: Wahlpflichtfach GSK/PB, GWK,Deutsch/Kommunikation

    HTL, HAK, HBLA

zum politischen System Österreichsin den jeweiligen Fächern oder Fächerkombinationen bzw. Rechtskunde als eigenständigem Fach.

(Vgl. www.politik-lernen.at/content/site/basiswissen/politische-bildung/lehrplaene/index.html  Zugriff 25. Mai 2010)

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