Landtagswahlen und Landtage in Österreich


Barbara Steininger

1. Landtage im Mehrebenensystem

Parlamente sind ein zentrales Element in der Demokratie und es gibt sie daher auf allen Ebenen: auf der Ebene der Europäischen Union das Europäische Parlament (28 Mitgliedsstaaten (Stand 2014), 736 Mitglieder), auf der Bundesebene in Österreich den Nationalrat (183 Abgeordnete) und den Bundesrat (62 Mitglieder), auf der Länderebene die Landtage der einzelnen Bundesländer (Gesamtzahl 448 Abgeordnete), auf der Gemeindeebene die Gemeinderäte (insgesamt 42.248, Stand 2005) und in Wien und in Graz gibt es auch noch die Bezirksebene, wo in jedem Bezirk eine Bezirksvertretung als Bezirksparlament eingerichtet ist.

Abb. 11 Landtagssitzung OÖ

In diesem europäischen Mehrebenensystem stehen die Landtage sprichwörtlich in der Mitte. Die Landtage müssen EU-Richtlinien auf der Länderebene umsetzen, einzelne Landesgesetze bundesrechtlichen Bestimmungen anpassen, sie beschließen alle Gesetze, für denen den Bundesländern die Kompetenz zukommt, und sie beschließen auch Gesetze für die kommunale Ebene wie z. B. die Gemeindeordnungen.

Im Folgenden werden die Landtagswahlen, die Parteienzusammensetzung und Organisationsstruktur der Landtage, sowie demographische Merkmale der Landtagsabgeordneten dargestellt. Im Weiteren wird am Beispiel der Jugendschutzgesetze dargestellt, wie Gesetze in den Landtagen beschlossen werden und welche parlamentarischen Diskussionen und Debatten es dazu gibt.

Im Hinblick auf die didaktische Kompetenzvermittlung bildet dabei der Umgang mit parlamentarischen Dokumentationssystemen im Internet einen Schwerpunkt. Die Webseiten der einzelnen Landtage sowie das Rechtsinformationssystem des Bundes, das einen eigenen Bereich „Landesrecht“ beinhaltet, stehen dabei für Recherchezwecke zu Verfügung. Im folgenden Beitrag werden durch Linktipps die verschiedenen Informationsquellen in den einzelnen Bundesländern angegeben.(1)

In weiterer Folge sollten Medienberichte, Stellungnahmen von Jugendschutzeinrichtungen und auch internationale Modelle und Vergleiche eigenständig recherchiert werden.

 

2. Die Landtagswahlen –Wahlberechtigte – Wahlbeteiligung und Wahlergebnisse

Abb. 12 Landtagswahl Vorarlberg

Im Jahr 2009 gab es in vier Bundesländern Landtagswahlen: in Kärnten, Salzburg, Vorarlberg und in Oberösterreich. 2010 werden sie in der Steiermark, im Burgenland und in Wien stattfinden (in Wien sind dies auch gleichzeitig Gemeinderatswahlen). Die Abgeordneten der Landtage werden nach den gleichen Grundsätzen wie die Abgeordneten zum Nationalrat gewählt.(2)

Landtagswahlen finden in Oberösterreich alle sechs Jahre, in allen anderen Bundesländern alle fünf Jahre statt.

Insgesamt gibt es in Österreich 448 Landtagsabgeordnete. Die Anzahl der Abgeordneten der einzelnen Landtage beträgt im Burgenland, in Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg je 36, in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark je 56 und in Wien 100 (Tabelle 1). Mathematisch betrachtet kommen somit auf eine Landtagsabgeordnete/einen Landtagsabgeordneten in Vorarlberg 6.228 Wahlberechtigte, in Niederösterreich hingegen 24.774 Wahlberechtigte. Die Verhältniszahlen in den anderen Bundesländer liegen zwischen diesen beiden Werten.(3)

2.1 Die Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen in Vergleich zu den Nationalratswahlen

Abb. 13 Wahlbeteiligung 1919, erstmals Frauen

Ebenso wie bei den Nationalratwahlen sinkt die Wahlbeteiligung auch bei den Landtagswahlen seit 1945 stetig. Bei den letzten Landtagswahlen konnte das Burgenland mit 80,91 Prozent im Vergleich zu den anderen Bundesländern die höchste Wahlbeteiligung erreichen. Das ist nicht zuletzt auf die Tatsache zurückzuführen, dass 2005 vor den Landtagwahlen im Burgenland das Wahlalter gesenkt wurde und erstmals auch 16jährige wählen durften. Die geringste Wahlbeteiligung hatte laut dem Bundesländervergleich Vorarlberg mit 50,64 Prozent bei den Landtagswahlen 2004 zu verzeichnen.

Zum Vergleich: Bei den Nationalratswahlen 2008 betrug die Wahlbeteiligung 78,8 Prozent. Damit liegt die Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen – mit Ausnahme des Burgenlandes – unterhalb jener auf Bundesebene.(4)

Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie reichen von grundsätzlichem Desinteresse an der Politik, über Uninformiertheit, Bequemlichkeit, bis zum bewussten Protestverhalten. Dazu kommt, dass der Wahlkampf für die Nationalratswahlen in der Medienberichterstattung etliche Wochen zentraler Mittelpunkt ist, während über die Landtagwahlen zumeist nur in den jeweiligen Medien der Bundesländer berichtet wird. So wünschenswert eine hohe Wahlbeteiligung ist, so bedeutet „Freiheit der Wahl“ auch, die Freiheit, daran nicht teilzunehmen.

2.2 Wahlrecht

Abb. 14 Stimmabgabe

Abb. 15 aktives Wahlrecht

Die Wahl

Die Wahl der Landtagsabgeordneten erfolgt auf Grund des:

  • gleichen
  •  

  • unmittelbaren
  •  

  • geheimen
  •  

  • persönlichen

Verhältniswahlrechtes aller Landesbürger/innen.

aktives Wahlrecht

Zur Stimmabgabe berechtigt, sind alle Österreicher/innen, die am Wahltag das vorgeschriebene Wahlalter von 16 Jahren erreicht haben und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Der Hauptwohnsitz muss sich in jenem Bundesland befinden, in dem die Wahl stattfindet (in manchen Bundesländern wie im Burgenland oder in Niederösterreich genügt der Wohnsitz).

passives Wahlrecht

Zur Kandidatur berechtigt, sind alle Österreicher/innen, die vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind und in einer Gemeinde des jeweiligen Bundeslandes ihren Hauptwohnsitz haben. Das Wahlalter für Kandidatinnen/Kandidaten liegt bei 18 Jahren (Vollendung des 18. Lebensjahres spätestens am Wahltag). Die Kandidatinnen/Kandidaten werden von den einzelnen politischen Parteien nominiert.

Mandatsverteilung

Die Mandatsverteilung(5) wird in zwei Ermittlungsverfahren berechnet. Die einzelnen Bestimmungen sind dabei je nach Bundesland unterschiedlich. So ist in der Steiermark und in Kärnten die Erringung eines Grundmandates notwendig, um am zweiten Ermittlungsverfahren teilnehmen zu können. In den anderen Bundesländern müssen die Parteien dazu entweder ein Grundmandat oder eine bestimmte landesweite Stimmenstärke erzielen. Diese „Prozentklausel“ beträgt für das Burgenland, Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Wien fünf Prozent, für Niederösterreich und Oberösterreich vier Prozent.(Aigner 2006, 960)

 

3. Die Landtage und ihre Abgeordneten: Parteienzusammensetzung und Mandate, Alters- und Geschlechterzusammensetzung

Abb. 16 Landesgesetzblatt Steiermark

Eine wichtige Funktion der Landtage ist die Repräsentation der Interessen der Bevölkerung des jeweiligen Bundeslandes. Diese Interessen werden durch die Parteien, die im Landtag vertreten sind, gebündelt. Wenn eine Mehrheit im Landtag zustimmt, werden diese Interessen in Form von Landesgesetzen beschlossen.

Das Parteienspektrum ist in den Landtagen etwas vielfältiger als im Nationalrat. Insgesamt gab es zu Beginn 2009 sieben Fraktionen in den Landtagen in Österreich. SPÖ, ÖVP und Grüne bildeten in allen neun Landtagen eigene Klubs. In Kärnten zerfiel die im Jahr 2004 wahlwerbende Partei "FPÖ" 2005 in die Parteien "FPÖ" (1 Mandat) und "Freiheitliche in Kärnten - BZÖ" (15 Mandate). In Tirol konnte die „Liste Fritz Dinkhauser – Bürgerforum Tirol“ bei den Landtagswahlen 2008 sieben Mandate erringen. In der Steiermark ist neben SPÖ, ÖVP und Grünen auch die KPÖ im Landtag mit drei Mandaten vertreten.

Im Burgenland, in Salzburg, in der Steiermark und in Wien bildet die SPÖ die jeweilig stärkste Fraktion, in Tirol, Vorarlberg und Niederösterreich die ÖVP, in Kärnten das BZÖ.(6)

 

3.1 Altersstruktur

Abb. 17 Alterspyramide (Symbol)

Die Zusammensetzung der Landtage im Hinblick auf die Alterstruktur der Abgeordneten zeigt eine Häufung in den beiden Altersgruppen 41-50 und 51-60 Jahren.

Von den insgesamt 448 Landtagsabgeordneten waren im Jänner 2009 178 zwischen 51 und 60 Jahre alt, 148 waren zwischen 41 und 50 Jahre alt. 62 Abgeordneten waren in der Altersgruppe 61-70 Jahre, 40 Abgeordnete in der Altergruppe 31-40 Jahre. Die jüngsten acht Abgeordneten waren zwischen 21 und 30 Jahre alt, bei einer Abgeordneten lang das Alter über 71 Jahren. Im Vergleich mit dem Nationalrat und dem Bundesrat ist eine relativ große Übereinstimmung was die Altersgruppen betrifft, feststellbar.(7)

Diese Alterspyramide ist unter anderem auch Ausdruck von Rekrutierungsmechanismen. Bevor Mann/Frau ein Landtagsmandat erhält, müssen sie sich innerparteilich die Anwärterschaft erarbeiten. Kommunale Funktionen wie z. B. die Mitgliedschaft in einem Gemeinderat oder das Bürgermeister/innenamt können dabei ebenfalls eine Rolle spielen.

 

3.2 Geschlechterverteilung

Abb. 18 Geschlechterproportion

Die Anteile der Frauen unter den Landtagsabgeordneten zeigt eine große Spannweite. Den höchsten Frauenanteil hat mit 42,2 Prozent der Wiener Landtag, gefolgt vom oberösterreichischen Landtag mit 39,3 Prozent und dem Vorarlberger Landtag mit 38,9 Prozent. Den geringsten Frauenanteil hat der Landtag in Niederösterreich mit 17,9 Prozent, der Kärntner Landtag folgt mit 19,4 Prozent.

Die einzelnen Parteien haben unterschiedliche parteiinterne Regelungen, was den Anteil der Geschlechter in öffentlichen Funktionen betrifft. Während bei den Grünen(8) ein Mindestfrauenanteil von 50 Prozent im Parteistatut verankert ist und im SPÖ- Parteistatut ein Frauenanteil von 30 Prozent festgesetzt ist, haben die anderen Parteien keine verbindenden Regelungen im Parteistatut. Bei der ÖVP wurde ein Mindestanteil von Frauen von 25 Prozent im Parteiprogramm beschlossen, die FPÖ und das BZÖ haben keine Regelungen.(Steininger 2006, 248ff.) Diese innerparteilichen Regelungen und die darauf basierenden Rekrutierungsmechanismen haben somit wesentlichen Einfluss auf den Frauenanteil in den Landtagen. Die Frauenanteile des Nationalrates und des Bundesrates liegen im Vergleich zu den Landtagen im Mittelfeld.(9)

 

4. Die Organisation der Landtage

Abb. 19 Landtagsitzung Salzburg

Die Sitzungen der Landtage sind öffentlich. In einigen Bundesländern können die Landtagssitzungen auch im Internet live mitverfolgt werden.(10) Die Plenarsitzungen der Landtage finden in regelmäßigen Abständen statt.

Die formale Organisation der Landtage ist ähnlich der Organisation des Nationalrats. Zu Beginn der Legislaturperiode bilden die wahlwerbenden Parteien Klubs, es werden Ausschüsse konstituiert und es wird ein Präsidium gewählt.

4.1 Ausschüsse

Abb. 20 Kultur- und Bildungsausschuss des Vorarlberger Landtags

Jeder Landtag hat verschiedene Ausschüsse, in denen unter anderem die Vorarbeiten für die jeweiligen Plenarsitzungen stattfinden.

Die Aufgabengebiete der Ausschüsse spiegeln zugleich die Kompetenzbereiche der Landtage wider, es gibt allerdings in den jeweiligen Bundesländern unterschiedliche Benennungen und Aufteilungen dieser Kompetenzen, sowie eine unterschiedliche Anzahl von Ausschüssen.

So hat der Landtag in Niederösterreich beispielsweise folgende Ausschüsse: Bauausschuss, Europaausschuss, Gesundheitsausschuss, Kommunalausschuss, Kulturausschuss, Landwirtschaftsausschuss, Rechnungshofausschuss, Rechts- und Verfassungsausschuss, Schulausschuss, Sozialausschuss, Umweltausschuss, Verkehrsausschuss, Wirtschafts- und Finanzausschuss.

Im Unterschied dazu hat der Landtag in Oberösterreich einen eigenen Ausschuss für Frauenangelegenheiten, der Vorarlberger und der Tiroler Landtag haben einen eigenen Notstandsausschuss, in der Steiermark gibt es einen Ausschuss für Notsituationen.

In Kärnten gibt es beispielsweise einen Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz, Raumplanung und Nationalparks.

In Wien sind die Ausschüsse des Gemeinderates auch die Ausschüsse des Landtages, dazu kommen noch Ausschüsse, die nur dem Landtag zugeordnet werden, der Unvereinbarkeitsausschuss, der Immunitätsausschuss und der Ständige Ausschuss.

4.2 Klubs

Die Landtagsabgeordneten eines Landtages können sich in Klubs zusammenschließen, wobei die Mindestanzahl der Abgeordneten, die für einen Klub notwendig ist, jeweils unterschiedlich ist.

In den meisten Landtagen liegt diese Mindestzahl bei zwei bzw. drei Abgeordneten, nur in Niederösterreich und Kärnten sind mindestens vier Abgeordnete dazu notwendig.

Der Prozentanteil der Gesamtanzahl der Landtagsabgeordneten, der notwendig ist um einen Klub zu bilden liegt damit zwischen 11,1 Prozent (Kärntner Landtag) und drei Prozent (Wiener Landtag).(11)

4.3 Präsidium

Abb. 22 Die drei Präsidenten des NÖ Landtages XVII Gesetzgebungsperiode

Jeder Landtag wählt aus dem Kreis seiner Mitglieder die Erste, Zweite und Dritte Präsidentin bzw. den Ersten, Zweiten und Dritten Präsidenten. Hauptaufgabe der Präsidentinnen/ Präsidenten ist die Leitung der Sitzungen der Landtage, dabei haben sie auch für die Aufrechterhaltung der Ordnung zu sorgen, notfalls mit Ordnungsrufen.

 

5. Die Funktionen der Landtage

Abb. 23 Landtag Burgenland

Der Landtag ist ein „allgemeiner Vertretungskörper“ und somit das Repräsentationsorgan des Landesvolkes auf Landesebene. Ihm steht das ausschließliche Gesetzgebungsrecht für die einfache Landesgesetzgebung als auch für die Landesverfassungsgesetzgebung zu.

Als Landesverfassungsgesetzgeber ist er zwar an die Grundsätze des B-VG gebunden, darüber hinaus aber frei, das Landesverfassungsrecht nach politischem Belieben zu regeln („relative Verfassungsautonomie“).

Funktionen:

  • Gesetzgebung
  •  

  • Kontrolle
  •  

  • Wahl der Mitglieder der Landesregierung und des Bundesrates

5.1 Gesetzgebung

Gesetzesinitiative:

Abb. 24 persönliche geheime Abstimmung

Die Gesetzesvorlagen können grundsätzlich als Regierungsvorlage, als Initiativantrag, als Antrag eines Ausschusses oder auch im Wege eines Volksbegehrens im Landtag eingebracht werden, die jeweiligen Bestimmungen sind in den Geschäftsordnungen der einzelnen Landtage geregelt.(13)

Wie im Nationalrat so werden auch in den Landtagen in erster Linie Regierungsvorlagen als Gesetzesentwürfe eingebracht. Das bedeutet, dass im Falle des Nationalrates die Bundesregierung und im Falle der Landtage die Landesregierungen die Gesetzesentwürfe bearbeitet haben und dem Landtag zur Beschlussfassung vorlegen. Gesetzesvorlagen werden im Landtag in zwei bzw. drei Lesungen behandelt, diese Lesungen können zusammengelegt werden. Alle Gesetzesbeschlüsse müssen unmittelbar nach ihrer Beschlussfassung im Landtag und vor ihrer Kundmachung dem Bundeskanzler bekannt gegeben werden. Die Bundesregierung kann gegen einen Gesetzesbeschluss des Landtages binnen acht Wochen einen begründeten Einspruch erheben. Der Landtag kann diesen durch einen Beharrungsbeschluss (Wiederholung des Gesetzesbeschlusses in unveränderter Form) überwinden. Das Landesgesetz tritt grundsätzlich nach Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und wird im jeweiligen Landesgesetzblatt veröffentlicht.

Durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union kam es auch zu Veränderungen für die Landesgesetzgebung. In den Angelegenheiten der Länder sind diese zur Umsetzung von EU-Rechtsakten verpflichtet. So wurden beispielsweise bisher im Wiener Landtag im Zeitraum 1995 bis 2008 72 Gesetzesvorlagen beschlossen, die eine Umsetzung von EU-Richtlinien bzw. EU-Recht zum Inhalt haben. (abrufbar in der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates, www.wien.gv.at/infodat/advgliwww/ (Zugriff 16. Juni 2010) Vorgang: Gesetzesentwurf, Schlagwort: Europäische Union)

5.1.1 Gesetzesmaterie

Abb. 25 Zivilschutz-SMS

Die Themenbereiche, in denen die Landesgesetzgebung stattfindet, betreffen etliche Lebensbereiche „von der Wiege bis zur Bahre“: von Kindergartenangelegenheiten, bestimmten Schulangelegenheiten, Jugendschutz und Jugendwohlfahrt, Musik- und Tanzschulen. Kinoangelegenheiten, Sozialhilfe, Pflegegeld, Krankenanstaltenwesen, Rettungswesen, Zivilschutz, Katastrophenhilfe bis zur Sportförderung, Naturschutz, Tierschutz, Jagd und Fischerei, Pflanzen- und Feldschutz, Tierzucht, Bodenreform, Grundverkehr, Forstrecht, Wasserrecht, Raumordnung, Baurecht, Wohnbauförderung und Tourismusangelegenheiten reicht die beispielhaft angeführte Palette.

5.2 Kontrollfunktion gegenüber Regierung und Verwaltung

Abb. 26 Kontrolle der Verwaltung

Ein wichtiges Element demokratischer politischer Systeme ist die parlamentarische Kontrolle der Regierung und der ihr unterstellten Verwaltung.

Zu den klassischen Instrumenten der parlamentarischen Kontrolle im allgemeinen gehören:

  • die Interpellation
  •  

  • das Resolutionsrecht
  •  

  • das Untersuchungsrecht
  •  

  • das Misstrauensvotum als Mittel der politischen Kontrolle
  •  

  • das Anklagerecht als Mittel der rechtlichen Kontrolle der Exekutive.

Die rechtlichen Grundlagen für die erwähnten Instrumentarien werden durch Bundes- und Landesrecht geregelt.

Ein Misstrauensantrag ist in Wien nur in der Geschäftsordnung des Wiener Gemeinderates vorgesehen, und zwar gegen die/den Bürgermeister/in und die amtsführenden Stadträtinnen/Stadträte. Detail am Rande: den Titel „Landesrat“ kennt die Wiener Stadtverfassung nicht. Die amtsführenden Stadträte/Stadträtinnen üben diese Funktion als Mitglieder der Wiener Landesregierung ohne eigenen Titel aus.(Steininger 2004, 325)

5.2.1 Die Aufgaben der Landtage

Abb. 27 das Recht eine Anfrage an die/den Landeshauptfrau/-mann zu richten

Der Landtag hat die Aufgabe, in Rede und Gegenrede politische Themen zu debattieren. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten für die einzelnen Abgeordneten, die sich bei Anträgen immer „Verbündete“ suchen müssen, die den Antrag mit unterzeichnen.

So müssen beispielsweise im Wiener Landtag dringliche Anfragen und dringliche Anträge von mindestens sechs Landtagsabgeordneten beantragt bzw. unterstützt sein. Kein/e Landtagsabgeordnete/r darf innerhalb eines Kalenderjahres mehr als zwei dringliche Initiativen beantragen bzw. unterstützen.

Weiters hat jede/r Landtagsabgeordnete das Recht selbständige Anträge zu stellen, jeder Antrag muss von mindestens fünf Landtagsabgeordneten – die/den Antragsteller/in –eingerechnet – unterstützt sein.

In der Plenarsitzung kann jede/r Landtagsabgeordnete mündliche Anfragen an die/den Landeshauptfrau/-mann und die zuständigen Mitglieder der Landesregierung richten. Diese sind ihrerseits verpflichtet, die Anfragen zu beantworten (Geschäftsordnung des Landtages für Wien).

5.3 Wahl der Landesregierung und Wahl der Mitglieder des Bundesrates

Abb. 28 Die Abgeordneten wählen die Mitglieder der Landesregierung

Die Mitglieder der Landesregierung werden in den österreichischen Bundesländern vom jeweiligen Landtag gewählt. Im Burgenland, in Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich und in der Steiermark wird die Landesregierung nach dem Verhältniswahlrecht gewählt, in diesen Bundesländern besteht nach wie vor das sogenannte Proporzsystem. Das bedeutet, dass jede im Landtag vertretene Partei ab einer gewissen Mindeststärke (errechnet aus dem Verhältnis der zu vergebenden Regierungssitze zur Anzahl der Landtagsmandate) einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Regierungsbeteiligung hat.

In den Bundesländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg wird die Landesregierung ebenfalls vom Landtag gewählt, allerdings nach dem Mehrheitsgrundsatz. In Wien wählt der Gemeinderat die/den Bürgermeister/in und die Stadtregierung, die/der Bürgermeister/in ist zugleich Landeshauptfrau/mann und die Stadtregierung fungiert auch als Landesregierung.(Fallend 2006, 976)

Die Landtage wählen weiters auch die Mitglieder des Bundesrates ihres jeweiligen Bundeslandes. Das erfolgt nach dem Prinzip der Verhältniswahl, dabei kommt der jeweils zweitstärksten Partei das Anrecht auf mindestens ein Mitglied des Bundesrates zu. Wie viele Mitglieder des Bundesrates ein Bundesland entsendet, hängt von der jeweils letzten Volkszählung ab.(Aigner 2006, 963)

 

6. Politische Partizipation auf Landesebene

Abb. 29 politische Partizipation

Es gibt – neben der Beteiligung an Landtagswahlen – auch noch andere Möglichkeiten der politischen Partizipation auf der Landesebene.

Zu jenen Beteiligungsformen, die in der Verfassung geregelt sind, zählen:

  • Volksabstimmungen
  • Volksbegehren
  • Volksbefragungen
  • Petitionen
  • Begutachtungsrecht von Gesetzesvorlagen

6.1 Volksabstimmungen

Abb. 30 Volksabstimmung für mehr Länderrechte

So wie auf der Bundesebene sind auch auf der Landesebene Volksabstimmungen(14) möglich: Wenn es der Landtag beschließt, kann über ein Gesetz eine Volksabstimmung durchgeführt werden.

In Vorarlberg ist z. B. eine Volksabstimmung aber auch dann durchzuführen, wenn 10.000 Bürger/innen innerhalb von acht Wochen nach Fassung des Gesetzesbeschlusses eine Volksabstimmung verlangen.

 

6.2 Volksbegehren

Abb. 31 das Volksbegehren unterstützen

Die Bestimmungen für die Abhaltung von Volksbegehren werden je nach Bundesland – so wie für die anderen Beteiligungsformen – in den jeweiligen Landesverfassungen festgelegt. Die Regelungen dabei sind unterschiedlich. Landtagsabgeordnete dürfen kein Volksbegehren einleiten. So kann beispielsweise im Burgenland ein Volksbegehren auf Verlangen von:

  • mindestens 6.000 zum Landtag wahlberechtigten Bürger/innen
  •  

  • mindestens 10 Gemeinden auf Grund einstimmiger Gemeinderatsbeschlüsse (Art 30, Landes-Verfassungsgesetz vom 14. September 1981 über die Verfassung des Burgenlandes)

eingeleitet werden.(Jurschitz 2008, 157)(15)

6.3 Volksbefragung

Abb. 32 Volksbefragung Wien 2010

Die Volksbefragung ist ein Instrument der direkten Demokratie, bei dem die wahlberechtigten Einwohner/innen der Republik Österreich, eines Bundeslandes oder einer Gemeinde zu einer bestimmten politischen Materie befragt werden. Die Frage muss mit "Ja" oder "Nein" beantwortbar sein.(16)

Dem Ergebnis kommt keine verbindliche Wirkung zu.

6.4 Petition

Abb. 33 online-Petition zur Rettung des RSO Wien

Eine weitere Möglichkeit der politischen Partizipation auf Landesebene ist die Petition.(17) So hat in der Steiermark „jeder das Recht, Eingaben an den Landtag zu richten. Die Eingabe muss ein Begehren oder eine Anregung allgemeiner Art zum Gegenstand haben. Hierbei sind Name und Adresse anzugeben. Anonyme Eingaben und Eingaben, die ein Begehren nicht erkennen lassen, werden nicht behandelt. Die Behandlung der Petitionen erfolgt durch den Petitionsausschuss. Auf Grund des Ergebnisses der Beratungen im Petitionsausschuss werden die Eingaben schriftlich beantwortet“.(18)

Ebenso können beispielsweise auch in Oberösterreich Petitionen an den Landtag gerichtet werden, diese werden im dann im Ausschuss für Petitionen und Rechtsbereinigungen behandelt.(19)

6.5 Begutachtungsrecht von Gesetzesvorlagen

Abb. 34 die Gesetzesvorlage im Internet begutachten

Zuletzt sei auch noch auf eine eher unbekannte Möglichkeit der Beteiligung hingewiesen, die BürgerInnenbegutachtung von Gesetzesvorlagen. Hierbei können die BürgerInnen zu den Gesetzesentwürfen, die immer eine gewisse Zeit lang öffentlich aufliegen, bzw. im Internet veröffentlicht werden, Stellungnahmen abgeben.(20)

 

7. Beispiel Jugendschutzgesetze